Der Europarat soll der Türkei das Stimmrecht entziehen, sagt Nationalrat Alfred Heer (SVP/ZH), der Präsident der Schweizer Delegation im Europarat. Was in der Türkei geschehe, habe mit Demokratie und Rechtsstaat nichts zu tun.
«Zudem will Erdogan die Europäische Menschenrechtskonvention selber ausser Kraft setzen», sagt Heer im Interview mit der «SonntagsZeitung». Es sei erstaunlich, dass im Europarat Staaten wie die Türkei, Russland und Aserbaidschan Einsitz nehmen könnten, denn der Rat verstehe sich als Hüter der Menschenrechte.
«Doch diese Länder wollen bleiben, um sich den Deckmantel der Menschenrechte umhängen zu können», sagt Heer. Die Regierung in Ankara beschneide die Medienfreiheit und lasse aufgrund irgendwelcher Listen Tausende Leute verhaften. Doch leider könne die Türkei mit der Flüchtlingspolitik Druck ausüben. «Persönlich bin ich klar für einen Stimmrechtsentzug.»
Der Flüchtlingsdeal der EU mit Ankara, den er selber befürworte, sei aus Sicht der Menschenrechtskonvention eigentlich nicht in Ordnung: «Es werden die Grundrechte der Flüchtlinge beschnitten.» Doch könne man ja nicht Hunderttausende aufnehmen.
Schweiz geniesst im Europarat Vertrauen
Die Schweiz ist laut Heer ein kleines Land, das jedoch über Vorteile im Europarat verfügt: «Wir haben stabile Verhältnisse und sind nicht in der EU.» Deshalb habe die Schweiz trotz ihrer kleinen Grösse in Strassburg etwas zu sagen.
«Die Schweiz ist unabhängiger», sagt Heer, «und man kann uns nicht schmieren. Das Vertrauen in die Schweiz und ihre Institutionen ist gross.» Die acht Millionen, die der Europarat die Schweiz jährlich koste, seien ihr Geld wert, sagt Heer. «Aber selbstverständlich soll für dieses Geld gute Arbeit geleistet werden.»
Der Europarat ist die älteste zwischenstaatliche Organisation in Europa. Das Gremium zählt 47 Mitgliedstaaten. Damit sind in der Organisation fast doppelt so viele europäische Staaten vertreten, wie in der Europäischen Union (EU). Wichtigste Ziele des Europarats sind der Schutz der Menschenrechte, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit.
Der Europarat verabschiedete die Europäischen Menschenrechtskonvention 1950. Die Schweiz trat ihr 1974 bei.