Ankara hat erneut eine Reise von deutschen Parlamentsabgeordneten zu deutschen Soldaten auf der türkischen Luftwaffenbasis Incirlik untersagt. Berlin reagierte am Montag gereizt und prüft nun einen Abzug der Soldaten.
Kanzlerin Angela Merkel kritisierte das Besuchsverbot als «misslich». «Und wir haben das auch auf den verschiedenen Kanälen klar gemacht», sagte Merkel in Berlin und fügte hinzu: «Die Bundeswehr ist eine Parlamentsarmee, und damit ist es absolut notwendig, dass Besuchsmöglichkeiten für unsere Abgeordneten bestehen.»
Merkel sagte: «Wir werden die Gespräche weiter führen». Parallel dazu würden aber auch Alternativen zu der Luftwaffenbasis Incirlik in der Türkei gesucht.
Stimmen für Abzug mehren sich
Merkels Koalitionspartner SPD hält eine Fortsetzung des Bundeswehr-Einsatzes in Incirlik angesichts der Lage nun für nicht mehr möglich und ist klar für den Abzug aus der Türkei.
Wolfgang Hellmich, Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, sprach am Montag gegenüber der Nachrichtenagentur AFP davon, dass «konkrete Vorbereitungen in Richtung einer Verlegung» nun in Angriff genommen würden.
Das Verteidigungsministerium hat bereits Alternativ-Standorte in Jordanien, Kuwait und auf Zypern geprüft. Die Entscheidung soll nach Angaben aus dem Ausschuss in den nächsten Wochen fallen. Jordanien wird als Standort favorisiert.
Asylanträge als Hintergrund
Eigentlich wollte eine Delegation des Verteidigungsausschusses des Bundestages in dieser Woche die auf dem türkischen Luftwaffenstützpunkt stationierten deutschen Soldaten besuchen. Hellmich als Ausschussvorsitzender sollte die Reise leiten.
Die Abgeordneten wollten sich den Angaben zufolge über den aktuellen Stand des Einsatzes gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) informieren. Ausserdem planten sie Gespräche mit deutschen Soldaten, um sich einen Eindruck von den Einsatzbedingungen zu machen. Daneben waren Treffen mit dem türkischen Kommandanten des Stützpunktes sowie mit Vertretern der US-Streitkräfte beabsichtigt.
Hintergrund der erneuten Absage aus der Türkei sind nach Hellmichs Angaben offenbar die von Deutschland anerkannten Asylanträge türkischer Soldaten. Auf dieser Grundlage sei «ein Verbleib der Bundeswehr in Incirlik nicht möglich», fügte er hinzu.
Spannungen nehmen zu
Die Bundeswehr beteiligt sich von Incirlik aus mit «Tornado»-Aufklärungsjets und einem Tankflugzeug an den Luftangriffen gegen den IS in Syrien und im Irak. Auf der Luftwaffenbasis sind etwa 260 deutsche Soldaten stationiert.
Bereits im vergangenen Jahr hatte Ankara deutschen Abgeordneten aus Ärger über die Resolution des Bundestags, in der die Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich als Völkermord eingestuft worden waren, den Zugang zu dem Stützpunkt verweigert. Daraufhin drohte Berlin mit dem Abzug der dort stationierten Tornados.
Der Streit wurde erst nach mehreren Monaten beigelegt. Eine Delegation des Verteidigungsausschusses durfte die Bundeswehrsoldaten auf dem Stützpunkt Anfang Oktober besuchen.