Nach dem Putschversuch in der Türkei hat die Oppositionspartei MHP der Regierungspartei AKP ihre Unterstützung für eine mögliche Wiedereinführung der Todesstrafe zugesagt. Dies öffnet der AKP die Tür zu einem Referendum für eine entsprechende Verfassungsänderung.
«Wenn die AKP dazu bereit ist, sind wir es auch», sagte MHP-Chef Devlet Bahceli am Dienstag bei einer Fraktionssitzung der ultrarechten Partei in Ankara. «Auch wir würden das befürworten und das Nötige ohne Bedenken tun.» Die MHP sei nicht dagegen, die Todesstrafe etwa bei Putsch-, Kriegs- oder Terrorgefahr anzuwenden. «Die Putschisten sollen nie wieder Tageslicht sehen.»
Die oppositionelle MHP ist mit 40 Sitzen die viertgrösste Partei im Parlament. Mit ihrer Unterstützung hätte die AKP ausreichend Stimmen, um ein Referendum für eine Verfassungsänderung zu beschliessen. Dann würde eine einfache Mehrheit im Volk reichen, um die 2004 abgeschaffte Todesstrafe wieder einzuführen.
Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hat angekündigt, dass er eine solche Verfassungsänderung unterzeichnen würde. Ministerpräsident Binali Yildirim hatte am Montag indes vor überhasteten Beschlüssen in der Debatte gewarnt. Er hatte aber auch gesagt: «Wir können diese Forderung unserer Bürger nicht ignorieren.»
Der Vizefraktionschef der grössten Oppositionspartei CHP, Gök Levent, hat sich gegen die Wiedereinführung der Todesstrafe ausgesprochen. Auch die pro-kurdische HDP ist dagegen. HDP-Chef Selahattin Demirtas betonte mit Blick auf die Putschisten, vor allem könne die Todesstrafe nicht rückwirkend angewandt werden.
Yildirim zufolge will sich die Regierung aber nicht an den Putschisten rächen. Bei der Strafverfolgung werde man sich an die Gesetze halten, sagte er am Dienstag.
Tausende Festnahmen und Entlassungen
Eine Gruppe von Militärs hatte in der Nacht zum Samstag versucht, die Macht im Land zu übernehmen. Nach der Niederschlagung des Umsturzversuchs kündigte Präsident Recep Tayyip Erdogan ein hartes Vorgehen gegen die Putschisten sowie die «Säuberung» der Armee an.
Inzwischen wurden nach Regierungsangaben mehr als 7500 Verdächtige festgenommen, unter ihnen ranghohe Soldaten sowie Staatsanwälte, Richter und Polizisten. Zudem entliess die Regierung fast 9000 Bedienstete des türkischen Innenministeriums, vor allem Polizisten und Gendarmen.
Politiker westlicher Staaten mahnen die Regierung bei den Verfahren zur Zurückhaltung. Insbesondere die Ankündigung, über die Wiedereinführung der Todesstrafe zu beraten, hatte für Empörung gesorgt.
Die Türkei hatte die Todesstrafe im Rahmen der EU-Beitrittsgespräche im Jahr 2004 abgeschafft. Nach Ansicht der EU müssten die Verhandlungen bei einer Wiedereinführung endgültig beendet werden. Sie verlaufen bereits seit Jahren schleppend.