Türkische Polizei setzt Wasserwerfer gegen Demonstranten ein

Die Polizei in Istanbul hat am Samstag erneut Wasserwerfer gegen tausende Demonstranten eingesetzt, die sich auf dem Taksim-Platz versammelten. Dies berichtete ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP aus der Millionen-Metropole im Westen der Türkei.

Wasserwerfer-Einsatz gegen friedliche Demonstranten in Istanbul (Bild: sda)

Die Polizei in Istanbul hat am Samstag erneut Wasserwerfer gegen tausende Demonstranten eingesetzt, die sich auf dem Taksim-Platz versammelten. Dies berichtete ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP aus der Millionen-Metropole im Westen der Türkei.

Mehrere tausend Demonstranten trafen zur Erinnerung an mehrwöchige Proteste auf dem Taksim-Platz, die am vorigen Samstag von der Polizei unterbunden worden waren. Vor dem Polizeieinsatz riefen die Demonstranen «Dies ist nur der Anfang, der Kampf geht weiter!» und «Im Widerstand werden wir siegen!» Sie warfen rote Nelken auf den Platz und auf die Stufen zum benachbarten Gezi-Park.

Hunderte Polizisten waren samt Panzerfahrzeugen im Umfeld des Platzes im Einsatz. An einem Stadtentwicklungsprojekt für den Gezi-Park, dem 600 Bäume zum Opfer fallen sollten, hatten sich die Proteste Ende Mai entzündet.

Verstimmung zwischen Ankara und Berlin

Der deutsche Botschafter Eberhard Pohl verbrachte am Samstag mehr als eine Stunde im türkischen Aussenministerium in Ankara, in das er von der türkischen Regierung einbestellt worden war. Nach Informationen des türkischen Senders NTV wurde Pohl vom türkischen Unterstaatssekretär Feridun Sinirlioglu empfangen. Zum Inhalt des Gesprächs wollten sich beide Seiten nicht äussern.

Nach dem Polizeieinsatz vom vergangenen Wochenende hatte der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan gesagt, ab sofort werde es «keine Toleranz mehr» gegenüber gewalttätigen Demonstranten geben. Nach den Statistiken der Türkischen Ärztevereinigung gab es seit dem Beginn der Proteste vier Tote und fast 8000 Verletzte.

Die meisten der mehreren tausend Festgenommenen wurden wieder freigelassen. Allerdings teilten die Behörden mit, dass am Freitag und Samstag in Istanbul und Ankara rund 50 mutmassliche Linksextreme festgenommen wurden.

Der deutsche Aussenminister Guido Westerwelle traf am Samstag im katarischen Doha mit seinem türkischen Kollegen Ahmet Davutoglu zusammen. Das Gespräch sei «in konstruktiver und freundschaftlicher Atmosphäre» verlaufen, erklärte das Auswärtige Amt in Berlin. Die Minister hätten einen «intensiven Meinungsaustausch im Geiste von Partnern und Freunden» gehabt, darunter auch zu «aktuellen Fragen der Beziehungen» zwischen der EU und der Türkei.

Der türkische Europaminister Egemen Bagis hatte am Freitag das Veto der deutschen Regierung gegen die für kommende Woche vorgesehene Eröffnung eines weiteren Kapitels in den EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei bedauert und Bundeskanzlerin Angela Merkel aufgefordert, ihren «Fehler zu verbessern», anderenfalls werde das Folgen haben.

Die Türkei steht bei der EU wegen des brutalen Vorgehens der türkischen Sicherheitskräfte gegen Demonstranten in der Kritik. Merkel hatte die Einsätze der türkischen Polizei am Montag als «viel zu hart» kritisiert.

Türkische Wirtschaft als Verlierer

Der türkische Ministerpräsident Erdogan machte Kräfte aus dem In- und Ausland für die heftigen Proteste in den vergangenen Wochen verantwortlich. Sie hätten die Demonstrationen orchestriert, sagte Erdogan am Samstag in der Schwarzmeer-Stadt Samsun vor rund 15’000 Anhängern seiner konservativen Partei AKP.

«Wer ist der Gewinner dieser dreiwöchigen Proteste? Die Zins-Lobby, die Feinde der Türkei», sagte der Regierungschef mit Blick auf Spekulanten an den Finanzmärkten. «Wer ist der Verlierer der Proteste? Die türkische Wirtschaft, wenn auch nur zu einem kleinen Teil, der Tourismus.» Die Proteste hätten dem Ansehen der Türkei geschadet.

Erdogan warf den Demonstranten zudem vor, sie würden den Islam – die Religion der Mehrheit der Türken – respektlos behandeln. «Lasst sie in ihren Schuhen in unsere Moscheen gehen, lasst sie Alkohol in unseren Moscheen trinken, lasst sie ihre Hände gegen unsere jungen Frauen in Kopftüchern erheben. Ein Gebet unserer Leute reicht aus, um ihre Pläne zu durchkreuzen.»

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