Im Zuge der Korruptionsaffäre in der Türkei geht die Regierung in Ankara weiter gegen mutmassliche Gegner im Polizeiapparat vor. In der Stadt Bursa im Westen des Landes wurden mehr als 160 Polizisten versetzt oder entlassen, wie die Nachrichtenagentur Dogan berichtete.
Die Massenversetzungen gelten als Reaktion von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan auf die Ermittlungen im Umfeld seiner Regierung. Erst am Mittwoch wurden in mehreren Städten Massnahmen gegen etwa 600 Polizisten und fast 100 Richter und Staatsanwälte ergriffen.
Istanbuler Staatsanwälte hatten die Korruptionsvorwürfe Mitte Dezember publik gemacht. Dutzende Verdächtige wurden festgenommen, darunter führende Manager und die Söhne von drei Ministern, die daraufhin zurücktraten.
Erdogan sieht in den Ermittlungen jedoch eine Verschwörung regierungsfeindlicher Kräfte und geht seither gegen missliebige Beamte in Polizei und Justiz vor. Laut Schätzungen türkischer Medien wurden inzwischen mindestens 2500 Polizisten von ihren Posten entfernt, unter ihnen auch zahlreiche ranghohe Beamte.
Prügelei im Parlament
Mit einer umstrittenen Justizreform will die Regierung gemäss Vorwürfen der Opposition die Justiz unter ihre Kontrolle bringen. Während einer hitzigen Debatte über die Vorlage kam es im türkischen Parlament erneut zu einem handfesten Streit.
Der stellvertretende Chef der Oppositionspartei CHP, Bülent Tezcan, wurde bei der Rauferei verletzt und musste zur Behandlung in ein Spital gebracht werden.
Laut Berichten örtlicher Medien eskalierten die Beratungen, als einer der Abgeordneten im Zusammenhang mit den Korruptionsermittlungen im Umfeld der Regierung den Namen des Sohnes von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan erwähnte, der Gerüchten zufolge in die Affäre verwickelt sein soll.
Der Streit über die Justizreform hatte bereits vor einigen Tagen in einer Parlamentskommission zu eine Prügelei geführt. In der Vorlage geht es um die Neuordnung eines Gremiums, das über die Ernennung und Entlassung von Richtern und Staatsanwälten entscheidet.
Kritiker werfen Erdogan vor, damit die Justiz der Regierung unterwerfen zu wollen. Die Abstimmung über das Gesetzesvorhaben war für Freitagabend geplant. Es wurde nicht ausgeschlossen, dass Präsident Abdullah Gül ein Veto gegen die Reform einlegen könnte.