Die Eröffnung des grössten Drogenprozesses auf der spanischen Ferieninsel Mallorca ist von Tumulten überschattet worden. Die 55 Angeklagten beschimpften sich laut Medienberichten vom Dienstag im Gerichtssaal gegenseitig. Die Polizei musste eingreifen, um Handgreiflichkeiten zu verhindern.
Die angeklagte Clan-Chefin Francisca Cortés rief die übrigen Beschuldigten zur Ordnung. „Respektieren Sie das Gericht!“, befahl die 57-Jährige ihren Gefolgsleuten.
„La Paca“, wie die Frau genannt wird, soll jahrelang Palmas berüchtigtes Drogenviertel Son Banya beherrscht haben. Die grauhaarige Dame wurde mit Handschellen in den Gerichtssaal geführt.
Sie ist wegen verschiedener Vergehen im Zusammenhang mit dem Drogenhandel sechsmal vorbestraft. Derzeit verbüsst sie eine langjährige Haftstrafe, weil sie die Diebe einer Millionenbeute ihrer Bande kidnappen und misshandeln liess.
Kokain, Heroin und Haschisch
In dem am Montag eröffneten Prozess forderte die Staatsanwaltschaft für die Frau knapp 20 Jahre Haft wegen Drogenhandels und Hehlerei. Unter den Angeklagten sind auch zwei Brüder, ein Sohn und eine Tochter von „La Paca“.
Für die 55 Angeklagten forderte die Staatsanwaltschaft insgesamt fast 700 Jahre Haft. Die Anklage legt ihnen zur Last, sechs verschiedenen Banden angehört zu haben, die den Handel von Kokain, Heroin und Haschisch auf Mallorca kontrolliert und Millionensummen eingenommen haben sollen.
Die Polizei hatte die Gangs 2008 mit der „Operation Kabul“ in Son Banya zerschlagen. Die Beamten stürmten damals in das Viertel, nahmen in einer Grossrazzia Dutzende von Verdächtigen fest und stellten grössere Mengen an Drogen sicher.
Das Viertel in unmittelbarer Nähe des Grossflughafens von Mallorca war vor dem Ende der Franco-Diktatur (1939-1975) zur Integration von Roma angelegt worden. Die Barackensiedlung entwickelte sich später zu einem berüchtigten Drogenumschlagsplatz und Schandfleck der Insel.