Tunesiens Potentatengelder-Jäger ärgert sich über die Schweiz

Der Genfer Anwalt Enrico Monfrini, der für Tunesien weltweit die Vermögen des gestürzten Regimes sucht, ärgert sich über die Schweiz. Die Langsamkeit der Behörden helfe dem Ben-Ali-Clan, weiter Gelder zu verstecken.

Zine al-Abidine Ben Ali auf einer Aufnahme aus dem Jahr 2007 (Archiv) (Bild: sda)

Der Genfer Anwalt Enrico Monfrini, der für Tunesien weltweit die Vermögen des gestürzten Regimes sucht, ärgert sich über die Schweiz. Die Langsamkeit der Behörden helfe dem Ben-Ali-Clan, weiter Gelder zu verstecken.

Kurz nach dem Sturz von Zine al-Abidine Ben Ali vor einem Jahr hatte Bern 60 Millionen Franken an tunesischen Vermögen blockiert. Wie Monfrini in am Donnerstag erschienenen Interviews mit den Zeitungen „La Tribune de Genève“ und „24 heures“ sagte, hat der Clan insgesamt bis zu 5 Milliarden Dollar im Ausland versteckt.

Die Schweiz sei gerade für Diktatoren aus Nordafrika und dem Nahen Osten, die „erste Adresse für geraubte Gelder“, sagte er gegenüber der Website „Swissinfo.ch“. Aber auch in Grossbritannien, Frankreich und Kanada seien von den Tunesiern grosse Summen versteckt worden. Andere bekannte „Drehscheiben“ dagegen wie Singapur oder Hongkong seien aus Sicht dieser Leute zu weit weg.

300 Namen

Gemäss Monfrini ermittelt die Bundesanwaltschaft (BA) im Zusammenhang mit tunesischen Vermögen gegen rund 40 Personen. Er selbst habe jedoch eine Liste mit 300 Namen von Personen, die für den Clan „das Geld der Tunesier gestohlen und im Ausland versteckt haben“. Der Bundesrat hatte in seine Verordnungen gegen „gewisse Personen aus Tunesien“ 48 Namen genannt.

Monfrini kritisierte, seit der Blockierung der Gelder im Januar 2011 seien die Ermittlungen „nicht voran gekommen“. Gemäss dem Anwalt „lähmt ein einziger Rekurs vor dem Bundesstrafgericht in Bellinzona die gesamt Prozedur seit fast drei Monaten“.

Keine Einsicht ins Dossier

„Während wir Zeit verlieren, werden die Gelder verschoben“, klagte der Anwalt. Der Ben-Ali-Clan könne dadurch „die Geldflüsse noch raffinierter verschleiern“.

Weiter kritisierte Monfrini, dass er von der BA noch keine Einsicht in die Akten erhalten habe. Die BA sei zudem überlastet und habe noch immer nicht genügend qualifiziertes und erfahrenes Personal, um Ermittlungen dieser Tragweite voranzutreiben.

Immerhin lobte er, dass die BA ihre Ermittlungen zu den blockierten Potentatengeldern aus Tunesien (und Ägypten) erweitert habe, indem sie feststellte, diese richteten sich gegen kriminelle Organisationen. Damit werde gemäss Strafgesetzbuch die Beweislast umgekehrt: Jetzt müssten die Beschuldigten beweisen, dass die Gelder sauber seien.

Nächster Artikel