Twitter-Gemeinde fürchtet Zensur wegen nationalen Filtern

Twitter will künftig nationale Filter einsetzen, um Inhalte zu sperren, die nicht gesetzeskonform sind. In der Twitter-Gemeinde formiert sich Enttäuschung – und Protest. Manche Nutzer sehen den Dienst als Instrument für Meinungsfreiheit akut in Gefahr.

Twitter plant umstrittene Filter (Archiv) (Bild: sda)

Twitter will künftig nationale Filter einsetzen, um Inhalte zu sperren, die nicht gesetzeskonform sind. In der Twitter-Gemeinde formiert sich Enttäuschung – und Protest. Manche Nutzer sehen den Dienst als Instrument für Meinungsfreiheit akut in Gefahr.

Der Online-Kurznachrichtendienst Twitter will künftig Inhalte in bestimmten Ländern mit entsprechenden Filtern blockieren und hat damit eine Debatte um „Zensur“ losgetreten.

Bislang sei es nur möglich gewesen, einzelne Einträge („Tweets“) komplett zu löschen, so dass sie weltweit nicht mehr zur Verfügung stehen, teilte Twitter in einem Blogeintrag mit. Nun könnten einzelne Nachrichten jeweils nur in einem bestimmten Land blockiert werden, weltweit aber verfügbar bleiben.

Was die Betreiber des Dienstes als Fortschritt werten, sehen viele Nutzer als Ende einer Ära. „Eine Twitter-Revolution wird es nicht mehr geben“, schreibt Jannis Kucharz in einem Blogbeitrag auf netzfeuilleton.de.

Vor allem bei den arabischen Demokratiebewegungen hatte Twitter eine bedeutende Rolle gespielt. Für viele Nutzer dort war der Kurznachrichtendienst teilweise die einzige Brücke nach draussen und konterkarierte vielfach die Vertuschungsversuche der Machthaber.

Zu Boykott aufgerufen

Twitter wolle mit den neuen Filtern den gesetzlichen Regeln in den jeweiligen Ländern besser entsprechen können, heisst es in der Begründung. Als Beispiel führt Twitter etwa Deutschland und Frankreich an, wo anders als in vielen anderen Ländern „Pro-Nazi“-Inhalte verboten seien.

Manche Beobachter vermuten, es dürfte auch um Marktanteile in Ländern mit fehlender oder eingeschränkter Meinungsfreiheit gehen. Twitter könne sich mit den Filterwerkzeugen einen einfachen Zugang zum chinesischen Markt erschliessen, wo viele Dienste bereits wegen kritischer Meinungen abgeschaltet wurden.

Nahezu jedes Land halte die Meinungsfreiheit als schützenswertes Gut sehr hoch, argumentiert der Kurznachrichtendienst. Mit dem internationalen Wachstum sei Twitter inzwischen aber in Ländern verfügbar, die auch ganz unterschiedliche Vorstellungen von Meinungsfreiheit hätten.

Twitter hat nach eigenen Angaben rund hundert Millionen Nutzer weltweit. Unter dem Stichwort (Hashtag) „TwitterBlackout“ riefen am Freitag einige Nutzer zum internationalen Boykott auf. Sie wollen am Sonntag, 28. Januar, aus Protest einen Tag lang keine Kurznachrichten über Twitter senden.

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