Der Chef der UBS in der Schweiz, Lukas Gähwiler, rechnet auch im zweiten Quartal mit einem Rückgang des Bruttoinlandproduktes (BIP) in der Schweiz. Die volle Auswirkung der Aufgabe des Euro-Mindestkurses werde aber erst in den nächsten ein bis zwei Jahren sichtbar.
Gähwiler stellte in einem Interview mit der «NZZ am Sonntag» fest, dass die UBS davon ausgehe, dass auch das zweite Quartal bei der BIP-Entwicklung negativ sein werde. Einzelne Exportbranchen wie die Uhrenindustrie würden sich immer noch gut halten und auch der Konsum sollte relativ stabil bleiben.
In ihrer kurz nach der Aufgabe des Euro-Mindestkurses durch die SNB am 16. Januar publizierten BIP-Prognose war die UBS noch von einem BIP-Wachstum im laufenden Jahr von 0,5 Prozent ausgegangen.
Besondere Sorge bereiten der Grossbank laut Gähwiler die vielen kleinen Zulieferbetriebe in der Schweiz, die nicht ins Ausland ausweichen könnten. Kunden würden nämlich von ihren Schweizer Zulieferern Preisnachlässe von 15 Prozent verlangen oder sie kauften im Ausland ein.
Kritik an Negativzinspolitik
Doch auch «die UBS in der Schweiz ist ebenfalls Teil der Exportindustrie», betonte Gähwiler. Ihre Schweizer und internationale Kundschaft investierten über die Hälfte ihrer Vermögenswerte in Fremdwährungen. «Unsere Erträge basieren also zum Grossteil auf Vermögenswerten in schwächeren Währungen, unsere Kosten fallen aber fast nur in Franken an», so der UBS-Schweiz-Chef weiter.
Gähwiler kritisierte die Negativzinspolitik. Sie setze falsche Anreize für Investitionsentscheide, bestrafe Sparer und erhöhe die Gefahr von Blasenbildungen beispielsweise am Aktien- und Immobilienmarkt. Negativzinsen belasteten auch das Vorsorgesystem. Als Faustregel gelte: Wenn die Rendite jährlich um 1 Prozent zurückgehe, dann sinke der Deckungsrad einer Pensionskasse um etwa 10 Prozent.
«Wir werden also mit einer riesigen Kapitallücke konfrontiert sein, notabene auch bei der Finanzierung der AHV», stellte Gähwiler fest. Sollten die Negativzinsen lange Bestand haben, würden die wirtschaftlichen Auswirkungen Hunderte von Milliarden Franken betragen.
Swissmem-Chef plädiert für Festhalten an Negativzinsen
Swissmem-Präsident Hans Hess stellte demgegenüber im gleichen Interview fest, dass er zwar die schädlichen Folgen der Negativzinsen sehe. Wenn aber die SNB diese abschaffe, werde der Franken noch stärker und die Euro-Franken-Kurs werden dann womöglich unter Parität fallen. «Das kommt nicht infrage», so Hess.
Hess betonte, dass inzwischen ein Drittel der Swissmem-Mitgliederfirmen sich in der Verlustzone befinden. In der Maschinenindustrie seien die Auftragseingänge im ersten Quartal um 17 Prozent gesunken. «Davon dürften etwa 7 bis 8 Prozent auf die tieferen Devisenkurse entfallen, doch auch das Volumen ist deutlich gesunken», sagte Hess.
Auch die Aussichten für die kommenden Quartale beurteilt Hess sehr pessimistisch: Die heute noch recht gute Auslastung dürfte im zweiten Quartal ebenfalls sinken. Im dritten und vierten Quartal würden die ausbleibenden neuen Aufträge zu einer schlechteren Auslastung und zu deutlich mehr Kurzarbeit führen.