Das lange als solide und vorbildlich gepriesene Schweizer Vorsorgesystem erhält aus Sicht der UBS Risse. Ein Risiko bildet für die Grossbank der Schweizer Immobilienboom: Sie warnt vor Risiken beim Bezug von Pensionsgeldern für den Hauskauf.
Eine grosse Krise am Immobilienmarkt ist zwar nicht das Hauptszenario der UBS-Wirtschaftsexperten. Ein Rückgang der Häuserpreise könnte aber bei Sparern, die ihr Pensionskassengeld für einen Immobilienkauf bezogen haben, das Vorsorgevermögen zunichte machen, wie der am Montag präsentierte UBS Outlook für das vierte Quartal festhält.
Das Gesetz zur Wohneigentumsförderung sei 1995 in einer Phase hoher Renditen und moderater Immobilienpreise in Kraft getreten, sagte UBS-Schweiz-Chef Lukas Gähwiler im Gespräch mit Journalisten in Zürich. Mit tiefen Zinsen und hohen Preisen am Wohnungsmarkt habe sich die Ausgangslage nun verändert.
Immobilienpreise, die um 20 bis 40 Prozent fallen, und steigende Zinsen, welche die Tragbarkeit von Hauskrediten in Frage stellen, fressen Vermögenswerte schnell auf, so die Studie. Die UBS habe seit 2010 Finanzierungsgesuche aus Geldern der zweiten Säule um ein Drittel reduziert, sagte Gähwiler.
Während die Aktienmärkte in Zyklen von fünf bis zehn Jahren schwankten, könne es nach Immobilienkrisen 30 Jahre dauern, bis ein Preisniveau wieder erreicht sei, heisst es in der Studie. Die UBS sieht das grösste Risiko beim Pensionskassenbezug für Wohneigentum von Menschen mit ansonsten geringen finanziellen Rücklagen.
Reformstau
Grosse Herausforderungen und ein gewisser Unwille zur Reform verschlechtern laut UBS die Lage des Schweizer Vorsorgesystems generell: «Ich will zum jetzigen Zeitpunkt nicht schwarzmalen», sagte Gähwiler. Der Vorsprung der Schweiz werde aber im internationalen Vergleich kleiner.
Ein wachsender Reformstau drücke die Schweiz ins zweite Glied, sagte UBS-Vorsorgespezialistin Veronica Weisser. Länder wie Deutschland, Österreich, Finnland oder Schweden, aber auch südeuropäische Länder und Frankreich, hätten bei der Erhöhung oder Flexibilisierung des Pensionseintrittsalters oder bei der Reduktion der Renten bereits Schritte unternommen.
Die UBS sieht der Vorsorgereform von Bundesrat Alain Berset mit gemischten Gefühlen. Die von der Regierung im Sommer vorgeschlagene Reduktion des Umwandlungssatzes von 6,8 auf 6 Prozent ist aus Sicht der Bank zur langfristigen Sicherung der Rentenzahlungen positiv.
Die UBS-Ökonomen plädieren aber für eine Entpolitisierung des Umwandlungssatzes. Diese Berechnungsgrundlage für die Höhe der ausbezahlten Renten sollte letztlich nur versicherungsmathematisch gesehen werden, sagte Veronica Weisser: «Sonst ist der Umwandlungssatz nicht nachhaltig.» Bersets Idee, zur Stützung der AHV die Mehrwertsteuer um 2 Punkte zu erhöhen, hält die UBS für falsch, da sie Familien und tiefere Einkommen belaste.
Finanzrepression
Neben der Alterung der Gesellschaft und den niedrigen Finanzmarktrenditen bilden aus Sicht der UBS die tiefen Zinsen ein Problem für die Sparvermögen in den Pensionskassen. Mit ihrer Tiefzinspolitik betrieben die Zentralbanken der Welt eine Umverteilung von den Sparern zu den Verschuldeten.
Derzeit sei es nachteilig, Sparer zu sein: Laut UBS-Chefökonom Daniel Kalt wird die Tiefzinsphase andauern. Den Sparern droht weiteres Ungemach in der Form der so genannten Finanzrepression. Bei niedrig verzinsten Vermögen und einer gewissen Inflation finanzieren die Sparer letztlich den Staat und dessen Schuldenpolitik.