Es war eine Schlammschlacht, die sich Pat McQuaid und Brian Cookson in den vergangenen Monaten geliefert haben. Heute wählt der Rad-Weltverband UCI in Florenz einen der beiden zum Präsidenten.
Der umstrittene irische Amtsinhaber McQuaid (64) oder der smarte britische Herausforderer Cookson (62) – einer dieser beiden Herren wird der UCI in den kommenden vier Jahren vorstehen. Der Ausgang der heutigen Wahl ist offen. 42 Delegierte entscheiden über den künftigen Kurs der UCI, wobei dieser Kurs alles andere als klar ist. Beide möchten mit der wenig ruhmreichen Vergangenheit des Radsports abschliessen und die Sportart in eine dopingfreie Zukunft führen.
McQuaid sagt, dass unter seiner Führung in den letzten acht Jahren ein Kulturwandel in Sachen Doping stattgefunden habe, Cookson kontert, dass es für die Glaubwürdigkeit des Radsports einen «kompletten Wechsel» in der UCI-Führung brauche. Um sich ins rechte Licht zu rücken, beschäftigten beide Kandidaten in den letzten Monaten Marketing-Büros. Auch die hoch bezahlten PR-Leute konnten aber nicht verhindern, dass sich die zwei Anwärter primär auf persönlicher Ebene angriffen und statt über Sachthemen lieber um das Wahlprozedere stritten.
Denn noch ist unklar, ob es heute überhaupt zu einer echten Wahl kommt respektive ob Amtsinhaber McQuaid zur Wahl zugelassen wird. Denn die Statuten der UCI sehen vor, dass ein Kandidat von seinem Heimatverband portiert werden muss. Wegen seiner angeblichen Verstrickungen in den Doping-Skandal um Lance Armstrong hat ihm der irische Verband die Gefolgschaft versagt.
Deshalb liess sich McQuaid, der auch Mitglied von Swiss Cycling ist, vom Schweizer Verband nominieren. Das rief zahlreiche Kritiker auf den Plan – national wie international. Gegen den Willen des Schweizer Präsidenten Richard Chassot, einem Freund von McQuaid, ruderte der Verband zurück. Das kostete Chassot den Job, bewahrte Swiss Cycling aber vor einem juristischen Verfahren und womöglich zahlreichen Negativschlagzeilen.
McQuaid kann nun offenbar auf die Landesverbände Marokkos und Thailands zählen. Damit diese Nationen den Iren als Kandidaten aufstellen dürfen, muss der Kongress aber zuerst eine von McQuaid initiierte Änderung des Wahlprozesses genehmigen, die zudem rückwirkend in Kraft gesetzt werden müsste. Gelingt dieser Kniff, darf McQuaid auf die Stimmen aus Asien und Afrika zählen. Die 14 europäischen Wahlmänner und jene Amerikas und Ozeaniens dagegen votieren für Cookson. Die Schweiz stellt am Kongress keinen Delegierten.
Cookson und seine Gefolgschaft werfen McQuaid, für den auch die Mitgliedschaft im IOC auf dem Spiel steht, Korruption vor. McQuaid und dessen noch umstrittenerer Vorgänger Hein Verbruggen sollen nicht nur in den Fall Armstrong verwickelt gewesen sein, sondern etwa auch versucht haben, Alberto Contadors positive Dopingprobe von der Tour de France 2010 zu vertuschen.
McQuaid bezeichnete Cookson im Gegenzug als Lügner und warf dem Briten vor, eine Marionette des einflussreichen russischen Oligarchen und angeblich ehemaligen KGB-Agenten Igor Makarow zu sein. Makarow ist der steinreiche Präsident des russischen Verbandes, Hauptsponsor der Equipe Katjuscha und offenbar ein Vertrauter Wladimir Putins. Katjuscha war von der UCI vorübergehend von der World Tour ausgeschlossen worden, und zwar wegen der zahlreichen Dopingfälle im Team.
Wie so oft im Dunstkreis der Sportpolitik und von Sportverbänden bleibt rund um die Machenschaften der Funktionäre und Teams vieles im Dunkeln. Egal, wer heute am Kongress im altehrwürdigen Palazzo Vecchio in Florenz das Rennen macht: Dopingfälle wird es sowohl unter McQuaid als auch unter Cookson weiterhin geben.