Über 250 Verletzte bei Protesten in tunesischer Provinzstadt

In Tunesien sind bei Protesten gegen die Armut im Land am Mittwoch mindestens 265 Menschen verletzt worden. Einige seien bei Auseinandersetzungen mit der Polizei schwer verwundet worden, sagte ein Arzt eines Spitals in Siliana, einer Stadt in einer wirtschaftlich schwachen Region am Rande der Sahara.

Ein Panzer in Tunesien (Symbolbild) (Bild: sda)

In Tunesien sind bei Protesten gegen die Armut im Land am Mittwoch mindestens 265 Menschen verletzt worden. Einige seien bei Auseinandersetzungen mit der Polizei schwer verwundet worden, sagte ein Arzt eines Spitals in Siliana, einer Stadt in einer wirtschaftlich schwachen Region am Rande der Sahara.

Die meisten von ihnen hätten Verletzungen durch nicht scharfe Munition sowie Prellungen, Knochenbrüche und Schnittwunden erlitten. Augenzeugen berichteten, die Polizei habe in der Stadt Tränengas und Gummigeschosse gegen die Demonstranten eingesetzt, die Arbeit und Wirtschaftsprogramme verlangten.

Ein Korrespondent des Nachrichtensenders France 24 wurde nach eigenen Angaben ebenso wie ein tunesischer Kollege durch Schüsse von Polizisten verletzt. Rund 20 Demonstranten erlitten Verletzungen an den Augen und mussten in eine Spezialklinik in der Hauptstadt Tunis gebracht werden.

Rettungskräfte hatten Probleme, die grosse Zahl der Verletzten zu versorgen. Angehörige von Opfern machten ihrer Wut Luft: „Wir werden die Stadt abbrennen“, rief der Vater eines Verletzten.

Ein Politiker der Republikanischen Partei in Siliana sagte, die Nationalgarde habe Panzer eingesetzt, um die Ordnung wiederherzustellen. Demonstranten hätten die Zugangswege zur Stadt blockiert und Autoreifen angezündet, berichtete das staatliche Fernsehen.

Neue Proteste angekündigt

Am Abend zog sich die Polizei weitgehend zurück, es herrschte eine angespannte Ruhe in der Stadt. Die Geschäfte waren geschlossen, die Strassensperren der Demonstranten machten viele Strassen unpassierbar.

Für (morgen) Donnerstag wurden weitere Demonstrationen angekündigt. Der Sprecher des Innenministeriums, Khaled Tarrouche, versicherte, wenn die Proteste am Donnerstag friedlich blieben, werde „die Polizei nicht einschreiten“. Im Falle eines Eingreifens gelte stets „das Prinzip, niemanden zu töten“.

Weltbank gewährt Millionenkredit

Die Proteste richten sich unter anderem gegen schlechte Lebensbedingungen in der 120 Kilometer südwestlich der Hauptstadt Tunis gelegenen Provinzstadt. Die Demonstranten verlangen den Rücktritt des Gouverneurs, die Freilassung von Gefangenen, die seit April 2011 in Haft sind, sowie Wirtschafts- und Sozialhilfe für die abgelegene Stadt.

Das Land, in dem vor fast zwei Jahren die arabische Revolution ihren Ausgang nahm, wird derzeit von einer gewählten, von Islamisten dominierten Regierung geführt. Diese bemüht sich, die Wirtschaft Tunesiens nach dem drastischen Rückgang des Handels mit der Euro-Zone wiederzubeleben.

Am Dienstagabend hatte die Weltbank Tunesien einen Kredit von 500 Millionen Dollar zur Unterstützung seiner Wirtschaftsreformen gewährt. Der Schritt „sende ein klares Signal“ im Bemühen, den Übergang zur Demokratie in dem nordafrikanischen Land zu fördern, teilte die Weltbank mit.

Nächster Artikel