Der Schweizerische Erdbebendienst hat sein Erdbebengefährdungsmodell von 2004 überarbeitet. Die Gefährdung hat sich seither nur leicht verändert. Insgesamt bebt die Erde hierzulande 500 bis 800 Mal pro Jahr.
Die Schweiz ist ein Erdbebenland. Dies zeigt ein Blick auf das neuste Erdbebengefährdungsmodell des Schweizerischen Erdbebendienstes: Die ganze Karte ist mit Gelb- oder Rottönen überzogen. «Harmlose» grüne Flächen wie im Vorgängermodell von 2004 gibt es nicht mehr.
Dennoch hat sich die Einschätzung der Gefährdung für einzelne Regionen seit 2004 nur leicht verändert, wie Verantwortliche am Dienstag vor den Medien in Zürich ausführten.
Das Wallis bleibt auch im Modell 2015 das Gebiet mit der höchsten Gefährdung und ist deshalb tiefrot eingefärbt. Es folgen Basel, Graubünden, das St. Galler Rheintal und die Zentralschweiz.
Engadin stärker gefährdet als bisher angenommen
Einzig der Kanton Graubünden, insbesondere das Engadin, ist gemäss der Einschätzung des Schweizerischen Erdbebendienstes (SED) etwas stärker gefährdet als bisher angenommen. «Diese leicht erhöhte Einstufung erklärt sich vor allem durch eine andere Beurteilung vergangener Beben», sagte Stefan Wiemer vom SED.
Für eine unmittelbare Gefahr gebe es zwar keine Anzeichen, sagte er im Gespräch mit der Nachrichtenagentur sda. Aber man könne nicht genug darauf hinweisen, dass Erdbeben in der Schweiz die Naturgefahr mit dem grössten Schadenspotenzial seien, sagte Wiemer weiter.
500 bis 800 Mal pro Jahr bebt die Erde hierzulande. Grundsätzlich kann es laut Wiemer «überall und jederzeit» in der Schweiz zu einem starken oder gar katastrophalen Beben kommen.
Ein solch katastrophales Erdbeben mit der Magnitude 6,6 hätte in der Region Basel beispielsweise folgende Auswirkungen: 1000 bis 6000 Tote, 45’000 Verletzte, 1,6 Millionen Obdachlose und 50 bis 140 Milliarden Franken Schaden.
Angemessene Bauweise als wichtigster Schutz
Das überarbeitete Erdbebengefährdungsmodell dient Behörden, Ingenieuren und weiteren Fachpersonen als Grundlage, um Entscheide im Bereich der Erdbebenvorsorge und des Risikomanagements zu treffen. So etwa sind sie von Bedeutung für die Erdbebenbaunormen.
Blaise Duvernay vom Bundesamt für Umwelt (BAFU) überbrachte Ingenieuren und Bauherren am Dienstag gute Nachrichten: Weil es keine markanten Unterschiede zwischen der Gefährdungskarte 2004 und 2015 gibt, besteht nach einer ersten Analyse auch kein Anpassungsbedarf bei den Baunormen.
Die Norm SIA 261 behält somit bis auf Weiteres ihre Gültigkeit. Eine angemessene Bauweise schützt laut den Fachleuten am besten gegen die Folgen eines Erdbebens.
Karten für Laien und Fachleute
Ausser dem aktualisierten Gefährdungsmodell hat der SED auch ein interaktives Webtool entwickelt. Anhand verschiedener Karten lässt sich erkunden, wann, wo und wie häufig gewisse Erschütterungen zu erwarten sind, und mit welchen allfälligen Folgen zu rechnen ist.
Gewisse Karten richten sich eher an Fachleute, andere sind auch für Laien verständlich, wie Donat Fäh vom SED ausführte. Zu entdecken sind sie unter www.seismo.ethz.ch.
Der SED an der ETH Zürich ist die Fachstelle des Bundes für Erdbeben. In dessen Auftrag überwacht der SED die Erdbebenaktivität in der Schweiz sowie im grenznahen Ausland.