In seiner ersten Rede hat Haitis Übergangsstaatschef Jocelerme Privert das Land zur Einheit aufgerufen. Es sei die «moralische Pflicht» aller Beteiligten, sich jetzt auf ein «transparentes Management des Staates» zu konzentrieren, sagte Privert am Sonntag.
«Wir sind alle aufgerufen, nationale Harmonie zu erreichen und an einem konstruktiven Dialog teilzunehmen», sagte der 62-Jährige im Garten des bei dem Erdbeben 2010 zerstörten Präsidentensitzes in Port-au-Prince. Der bisherige Senatspräsident war in der Nacht zum Sonntag nach langer Debatte im zweiten Wahlgang für 120 Tage zum Übergangspräsidenten bestimmt worden.
Der bisherige Präsident Michel Martelly war vor einer Woche ohne Nachfolger abgetreten, nachdem die zweite Runde der Präsidentschaftswahl im Streit um Fälschungsvorwürfe auf unbestimmte Zeit vertagt worden war.
Kurz vor seinem Ausscheiden aus dem Amt am 7. Februar hatte Martelly mit den Präsidenten der beiden Parlamentskammern vereinbart, dass das Parlament einen Übergangspräsidenten wählen soll. Privert soll das Land nun führen, bis die Präsidentschaftswahlen abgehalten werden können.
In der ersten Runde der Präsidentschaftswahl am 25. Oktober hatte der Regierungskandidat Jovenel Moise mit 32,7 Prozent der Stimmen den ersten Platz erreicht. Der Oppositionskandidat Jude Célestin, der mit 25,3 Prozent Zweiter wurde, warf der Regierung aber Wahlfälschung vor und sprach von einer «lächerlichen Farce».
Die ursprünglich für den 27. Dezember geplante Stichwahl wurde zunächst auf den 24. Januar verschoben, dann aber mangels Einigung mit der Opposition erneut vertagt. Nach vorläufigen Plänen soll der zweite Wahlgang nun am 24. April stattfinden, der neue Präsident könnte dann am 14. Mai sein Amt antreten.