Das Übereinkommen zwischen Pristina und Bern zur Überstellung kosovarischer Straftäter in ihr Heimatland sollte bald in Kraft treten. Aber die Rückführungen werden nicht automatisch vollzogen. Jeder Fall werde einzeln studiert, sagte der kosovarische Justizminister.
„Die Information betreffend den Transfer von Häftlingen wurde voreilig publiziert“, erklärte die kosovarische Botschaft in der Schweiz. Sie bezog sich auf einen am Freitag erschienenen Bericht der kosovarischen Tageszeitung „Zeri“.
Die Botschaft hielt fest: „Der Justizminister des Kosovo, Hajredin Kuçia, hat erklärt, dass es zurzeit nichts Konkretes gibt, dass ein Übereinkommen unterzeichnet wurde, dass dieses in der Schweiz ratifiziert werden muss und dass anschliessend jeder Fall individuell behandelt wird.“
Die Referendumsfrist für das am 14. Mai 2012 von Bern und Pristina unterzeichnete und im Dezember 2013 vom eidgenössischen Parlament gutgeheissene Abkommen läuft an diesem Sonntag, 6. April, ab.
Nach Ablauf der Frist sollten die beiden Länder die Dokumente austauschen und im Prinzip das Übereinkommen innerhalb von 30 Tagen in Kraft setzen.
Der Fristablauf an diesem Wochenende fällt zusammen mit einem Besuch der Schweizer Justizministerin Simonetta Sommaruga im Kosovo. Dort besucht sie ein Zentrum für die Wiedereingliederung von aus der Schweiz zurückgeführten Personen sowie ein Hochsicherheitsgefängnis.
Ausländeranteil in Gefängnissen senken
Das Übereinkommen zur Überstellung verurteilter Personen gilt gleichermassen für Kosovaren in der Schweiz wie für Schweizer im Kosovo. Der Vertrag lehnt sich eng an ein Europarats-Übereinkommen an. Weil aber der Kosovo nicht von allen Staaten als Staat anerkannt wird, war ein eigenes Abkommen notwendig.
Die Schweiz erhofft sich vom Abkommen namentlich eine Senkung des Ausländeranteils in den überfüllten Gefängnissen. Dazu kommen Kosteneinsparungen und eine bessere Wiedereingliederung der Straftäter.
Die Zahl der vom Abkommen betroffenen Kosovaren in der Schweiz lag im Jahr 2012 laut dem Bundesamt für Statistik (BFS) bei rund 70. Neuere Zahlen seien nicht verfügbar, hiess es beim BFS auf Anfrage.
Nach Auskunft von Folco Galli, Sprecher des Bundesamtes für Justiz, kommen nur Fälle in Betracht, die noch eine Gefängnisstrafe von mindestens sechs Monaten vor sich haben.