In der Schweizer Uhrenindustrie herrscht Katerstimmung. Nach 14 Monaten mit Exportrückgängen betrachten immer mehr Manager die Aussichten der Branche als düster.
Im Vergleich zu 2015 beurteilen doppelt so viele Manager von Uhrenkonzernen den Ausblick für die Schweizer Uhrenindustrie pessimistisch. Mit 82 Prozent der Führungskräfte hat der Wert gar einen neuen Höchststand erreicht, wie eine am Dienstag vorgestellte Studie des Beratungsunternehmens Deloitte zeigt.
Hauptgrund für den Einbruch der Exporte sind die nachlassende Nachfrage im Ausland, insbesondere in den Schlüsselmärkten Hongkong und China. Gemäss der Deloitte Studie geht die Uhrenindustrie davon aus, dass dieser Trend anhalten wird: 57 Prozent der befragten Führungskräfte rechnen damit, dass die Nachfrage nach Schweizer Uhren in Hongkong im nächsten Jahr weiter sinken wird.
Insgesamt sanken die Exporte von Schweizer Uhren von 10,2 Milliarden Franken im ersten Halbjahr 2015 auf 9,5 Milliarden Franken im ersten Semester 2016. 2011 waren in Hongkong noch Schweizer Uhren im Wert von 1,3 Milliarden Franken verkauft worden. Bis zum zweiten Quartal 2016 halbierten sich die Verkäufe auf 592 Millionen Franken.
Auslandnachfrage als Hauptrisiko
80 Prozent der befragten Führungskräfte sind der Ansicht, dass eine nachlassende Nachfrage aus dem Ausland in den nächsten zwölf Monaten weiterhin ein Hauptrisiko für ihre Branche darstellen wird. 2015 waren 57 Prozent der Befragten dieser Ansicht.
Auch der starke Schweizer Franken bleibt problematisch: Allerdings wird dieser von den Befragten als weniger wichtig als im Vorjahr wahrgenommen. Der Wert sank von 69 Prozent im Vorjahr auf 50 Prozent.
Es gibt aber auch Lichtblicke. Der Ruf des «Swiss Made» Gütesiegels, die unbestrittene Führungsposition der Schweiz im Luxusuhrensegment und die Innovationsfähigkeit der Branche stellten nach wie vor ein starkes Fundament dar, heisst es in der Studie.
US-Markt immer wichtiger
Demnach bergen das ungenutzte Potenzial ausserhalb der grossen Städte in China wie auch Märkte wie die USA und Indien für die Schweizer Uhrenbranche weiteres Wachstumspotenzial. Obwohl die jüngsten Exportzahlen in die USA niedriger als erwartet ausgefallen seien, werde die USA Hongkong als Hauptabsatzmarkt für Schweizer Uhren in diesem und im nächsten Jahr den ersten Rang wahrscheinlich ablaufen.
Keine Bedrohung für die Schweizer Uhrenindustrie sehen die Studienautoren in den vernetzten Uhren. Smartwatches sollten von einigen Schweizer Marken eher als Chance gesehen und genutzt werden, sich von der Konkurrenz abzusetzen und aus ihrem starken Markennamen Kapital zu schlagen.
Mehr gefälschte Uhren
Erstmals seit dem Start der Deloitte-Uhrenumfrage vor vier Jahren rangieren Fälschungen von Uhren unter den fünf Hauptrisiken. Gemäss der Studie liegt dies vor allem daran, dass der Vertrieb gefälschter Ware mit der zunehmenden Bedeutung des Onlinehandels leichter geworden ist.
Nach Angaben des Verbands der Schweizerischen Uhrenindustrie (FH) werden jährlich 40 Millionen falsche Uhren produziert, im Vergleich zu 30 Millionen echten Schweizer Uhren.