Die Separatisten in der Ostukraine fordern eine Feuerpause. Doch die ukrainische Armee rückt weiter vor und die Gefechte werden härter. Moskau und Kiew sprechen über humanitäre Hilfe, aber das Misstrauen ist gross.
Trotz einer von Separatisten angebotenen Waffenruhe zog die ukrainische Armee ihren Belagerungsring um Donezk erneut enger. Mit massivem Artilleriefeuer versuchte das Militär, eine strategisch wichtige Versorgungsroute der Aufständischen zum russischen Grenzgebiet abzuschneiden.
Für eine Feuerpause müssten die Rebellen zuerst die Waffen niederlegen, sagte ein Armeesprecher. Separatistenführer Alexander Sacharschenko drohte, sollte die Armee einmarschieren, werde «ein Kampf um jede Strasse, jedes Haus und jeden Meter unseres Landes geführt» und Donezk zu einem neuen «Stalingrad».
Bei neuen Gefechten starben mindestens 28 Regierungssoldaten. In Donezk starben drei Männer, die zwischen die Fronten geraten waren. Beim Beschuss eines Spitals wurde eine Frau verletzt.
In Lugansk sollen Hunderttausende seit Tagen ohne Strom und Wasser ausharren. Granatsplitter töteten dort ein sechsjähriges Mädchen, wie die Behörden mitteilten. Sechs weitere Zivilisten wurden verletzt.
Russlands unerwünschte Hilfe
Der russische Aussenminister Sergej Lawrow sagte, Moskau spreche mit der Ukraine und dem Internationalen Roten Kreuz über Lieferungen etwa von Medikamenten in das krisengeschüttelte Nachbarland. Es gehe vor allem darum, Einvernehmen über die dringende Notwendigkeit von Hilfslieferungen für die Region um Lugansk und Donezk herzustellen, sagte Lawrow.
Die Führung in Kiew und der Westen verdächtigen Moskau, unter dem Deckmantel humanitärer Hilfe Soldaten zur Unterstützung der Aufständischen entsenden zu wollen. Die Ukraine warnt seit Monaten vor angeblichen Einmarschplänen Russlands.
Eine Kolonne von Armeefahrzeugen sei unter der Behauptung, humanitäre Güter zu transportieren, am Wochenende bis fast auf ukrainisches Gebiet vorgedrungen, sagte der Vizechef der Präsidialverwaltung in Kiew, Waleri Tschaly. «Sie wollten den totalen Konflikt provozieren», meinte er. Kremlsprecher Dmitri Peskow wies dies mit Nachdruck zurück.
US-Präsident Barack Obama und die deutsche Kanzlerin Angela Merkel betonten, «dass jede russische Intervention, auch zu angeblichem humanitären Zweck, (…) zu zusätzlichen Konsequenzen führen würde». Das teilte das Weisse Haus in Washington nach einem Telefonat der beiden Politiker mit.
Merkel sprach auch mit dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko. Dieser befürwortete die Entsendung eines Hilfskonvois. Die Mission müsse aber von einem internationalen Team ohne militärische Begleitung geführt werden. Es gebe bereits Gespräche mit dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK), hiess es dazu weiter aus seinem Büro.
Maidan geräumt
Um den von Demonstranten besetzten Unabhängigkeitsplatz, den sogenannten Maidan, in Kiew fliesst nach der Beseitigung vieler Barrikaden erstmals seit Monaten wieder weitgehend der Verkehr.
Etwa 500 Arbeiter und 200 Freiwillige sowie Bürgermeister Vitali Klitschko räumten in der Hauptstadt Hindernisse und Abfall beiseite. Einzelne Aktivisten zündeten aus Protest Autoreifen an. Klitschko versicherte, dass das Zeltlager auf dem Maidan nicht geräumt werde.
Nach dem Sturz des prorussischen Präsidenten Viktor Janukowitsch im Februar sieht die neue proeuropäische Regierung unter Präsident Poroschenko den Dauerprotest auf dem Maidan als überflüssig an. Allerdings verlangen Hunderte dort versammelte Demonstranten weiter vorgezogene Parlamentswahlen und den Beginn von Reformen.