Die Ukraine hat erstmals Bereitschaft signalisiert, die inhaftierte Oppositionsführerin Julia Timoschenko ins Ausland reisen zu lassen. Im Parlament werde derzeit ein entsprechendes Gesetz auf den Weg gebracht, sagte Präsident Viktor Janukowitsch in Donezk.
«Wenn das Parlament das Gesetz annimmt, werde ich es natürlich unterzeichnen», erklärte Janukowitsch am Donnerstag weiter. Der Präsident sucht nach Einschätzung von Beobachtern seit langem nach einer Möglichkeit, wie er ein politisches Comeback seiner Rivalin verhindern kann, ohne einen wichtigen Gipfel mit der EU Ende November zu gefährden.
Selbst wenn Timoschenko freikommen sollte, bliebe ihr eine Teilnahme an den Präsidentschaftswahlen im Jahr 2015 verboten. Die ehemalige Regierungschefin sitzt seit zwei Jahren in Haft. Sie war im Oktober 2011 wegen Amtsmissbrauchs zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt worden, beteuert aber ihre Unschuld. Die EU sieht in ihrem Fall ein Symbol für die politisch motivierte Justiz in der Ukraine.
Die Inhaftierung Timoschenkos gilt als grösstes Hindernis auf dem Weg zu dem geplanten Assoziierungsabkommen, das die Ukraine wirtschaftlich und wertepolitisch näher an die EU rücken soll. Das Vertragswerk soll Ende November auf dem Gipfel im litauischen Vilnius unterzeichnet werden.
Deutschland erneuert Angebot
Nach den Bekundungen aus Donezk erneuerte die deutsche Regierung ihr Angebot, dass die an einem Bandscheibenleiden erkrankte Timoschenko in Deutschland behandelt werden könne. Der deutsche Aussenminister Guido Westerwelle hatte den Fall in der vergangenen Woche bei einem Besuch in Kiew mit Janukowitsch erörtert. Zudem kam er mit Timoschenkos Tochter Jewgenija zusammen.
Anfang dieses Monats hatten zwei Sondergesandte des EU-Parlaments bei Janukowitsch formell eine Begnadigung Timoschenkos beantragt. Die europäischen Volksvertreter hatten Polens Ex-Regierungschef Aleksander Kwasniewski und den früheren EU-Parlamentspräsidenten Pat Cox mit einer Beobachtermission für die Ukraine beauftragt, in der die Inhaftierung der ehemaligen Ministerpräsidentin eine zentrale Rolle spielt.