Die ukrainischen Streitkräfte und die prorussischen Rebellen haben am Samstag mit einem Gefangenenaustausch begonnen. Die Gefangenen wurden am Samstagabend bei Lugansk übergeben, wie ein Korrespondent der Nachrichtenagentur AFP berichtete.
Vor gut einer Woche hatten die ukrainische Regierung und die Rebellen in der weissrussischen Hauptstadt Minsk nach langen Verhandlungen einen Friedensplan unterzeichnet, in dem neben einer Waffenruhe der Abzug schwerer Waffen, die Einrichtung einer Pufferzone und der Austausch von Gefangenen vereinbart wurden.
Dennoch steht das Minsker Abkommen nach wie vor auf wackligen Beinen. Die ukrainischen Streitkräfte warfen am Samstag den prorussischen Separatisten vor, ihre Einheiten nahe der strategisch wichtigen Hafenstadt Mariupol zu verstärken.
Armee sieht sich vorbereitet
Die Armee sei aber auf einen Rebellenangriff auf die fast 500’000 Einwohner zählende Stadt vorbereitet, sagte Militärsprecher Andrej Lisenko am Samstag. Die Stadt liegt zwischen der russischen Grenze und der von Russland annektierten Halbinsel Krim.
Die Separatisten würden Kämpfer, Waffen und militärische Ausrüstung in die Region Mariupol bringen, sagte Lisenko weiter. Offenbar sei ein Angriff geplant. Rund um die Uhr würden Truppenbewegungen und Sabotageakte beobachtet. In der Ostukraine seien in den vergangenen 24 Stunden ein Soldat getötet und 40 weitere verletzt worden.
Bereits am Freitag hatte das ukrainische Militär erklärt, russische Panzer und Kämpfer hätten unweit von Nowoasowsk südöstlich von Mariupol die Grenze passiert. Allerdings gab es vor Ort keine Hinweise auf zusätzliche Panzer und Soldaten aus dem Nachbarland.
Separatisten weisen Berichte zurück
Separatisten in der Gegend wiesen die Angaben als falsch zurück. Sie hielten sich an die von Deutschland, Frankreich, Russland und der Ukraine ausgehandelte Waffenruhe und hätten gemäss Abkommen auch die schwere Artillerie aus der Gegend um Mariupol zurückgezogen.
Eine Einnahme durch die Separatisten würde mit grosser Wahrscheinlichkeit die in Minsk ausgehandelten Feuerpause endgültig zum Scheitern bringen. Der Westen befürchtet, die Separatisten könnten mit russischer Hilfe eine Landverbindung zur Krim erobern.
179 Soldaten laut Regierung bei Debalzewo getötet
Drei Tage nach dem erzwungenen Rückzug der ukrainischen Einheiten aus der ostukrainischen Stadt Debalzewo gab Kiew Einzelheiten zur militärischen Niederlage bekannt. Bei den Kämpfen um Debalzewo waren demnach seit Mitte Januar mindestens 179 Soldaten getötet worden.
Weitere 81 Soldaten würden noch vermisst, teilte der Präsidentenberater Juri Birjukow am Samstag mit. Die Gefechte um die wochenlang belagerte Stadt waren für die ukrainische Armee damit die verlustreichste Schlacht seit Beginn des Konflikts im vergangenen April.
Der Bahnknotenpunkt Debelzewo liegt zwischen den beiden Rebellenhochburgen Donezk und Lugansk. In der Stadt waren seit Mitte Januar tausende ukrainische Soldaten eingekesselt. Am Mittwoch gab sich die ukrainische Armee nach wochenlangen Kämpfen geschlagen und zog sich aus der strategisch wichtigen Stadt zurück.
Der Westen und die Ukraine werfen Russland weiterhin vor, die Rebellen mit Waffen und Soldaten zu unterstützen. Wie US-Aussenminister John Kerry am Samstag bei einem Besuch in London sagte, erwägen die USA und Grossbritannien deshalb «zusätzliche Sanktionen» gegen Russland.