Das für Karneval, Samba und Ausschweifungen bekannte Rio de Janeiro wird künftig von einem tief religiösen Politiker regiert, der mit Attacken gegen Schwule empört: Marcelo Crivella. Für die Arbeiterpartei von Ex-Präsidentin Dilma Rousseff geht die Talfahrt weiter.
Der für Attacken auf Schwarze und Schwule berüchtigte 59-jährige Senator von der rechtsgerichteten Republikanischen Partei PRB gewann am Sonntag mit 59,36 Prozent der Stimmen die Stichwahl gegen seinen linken Kontrahenten Marcelo Freixo von der Partei Sozialismus und Freiheit (PSOL).
Crivella löst damit Eduardo Paes von der konservativen Regierungspartei PMDB von Staatschef Michel Temer ab, der das Amt acht Jahre innehatte und die Olympischen Spiele organisiert hatte.
Kritik an etablierten Parteien
In Zeiten der politischen und ökonomischen Krise hat sich der Einfluss evangelikal geprägter Politiker verstärkt – ihr Aufstieg wird auch als Kritik an den durch Korruptionsaffären in Misskredit geratenen traditionellen Parteien im Land angesehen. Crivella gehört der Pfingstkirche «Iglesia Universal del Reino de Dios» an, der «Universalkirche des Königreiches Gottes».
Er hatte in der Vergangenheit mit drastischen Aussagen für Wirbel gesorgt, von denen er sich zum Teil distanziert hat. Über Schwarze hatte er zum Beispiel gesagt, dass sie vor allem Cachaça-Schnaps und Prostitution mögen. Über Schwule sagte er: «Sie sind Opfer eines schrecklichen Übels und leben ohne Frieden.»
Gegen organisiertes Verbrechen
Der Aufstieg des tief religiösen Politikers war schon nach dem ersten Wahlgang am 2. Oktober als Dämpfer für die grossen traditionellen Parteien gewertet worden. Der neue Bürgermeister plädiert für eine Politik der harten Hand im Kampf gegen das nach Olympia wieder erstarkte organisierte Verbrechen in Rio – viele erwarten eine Zunahme der Konflikte in den Favelas.
33 Millionen Menschen waren am Sonntag aufgerufen, in einer Stichwahl die Vertreter für 57 Gemeinden im fünftgrössten Land der Welt zu bestimmen.
Debakel für Arbeiterpartei von Rousseff
Die Abstimmung wurde zum Debakel für die bis vor kurzem regierenden linke Arbeiterpartei (Partido dos Trabalhadores/PT) der abgesetzten Präsidentin Dilma Rousseff. Sie konnte keine Stichwahl für sich entscheiden und stellt auch keinen Bürgermeister mehr in ihrer früheren Hochburg, dem Gebiet rund um die Wirtschaftsmetropole São Paulo.
Der PT hatte bereits beim ersten Wahlgang der Kommunalwahlen herbe Verluste hinnehmen müssen. In der ersten Wahl nach der umstrittenen Amtsenthebung von Rousseff verlor die Partei im Oktober fast 60 Prozent der Rathäuser, in denen sie bis dahin regiert hatte.