Umstrittener Prozess gegen Spaniens „Tyrannenjäger“ Garzón eröffnet

Wegen seiner Ermittlungen zu den Verbrechen der Franco-Diktatur in Spanien muss sich der Richter Baltasar Garzón als Angeklagter vor Gericht verantworten. Nach der Verteidigung forderte am Dienstag zu auch die Staatsanwaltschaft die Einstellung des Prozesses.

Der Richter steht selbst vor Gericht (Bild: sda)

Wegen seiner Ermittlungen zu den Verbrechen der Franco-Diktatur in Spanien muss sich der Richter Baltasar Garzón als Angeklagter vor Gericht verantworten. Nach der Verteidigung forderte am Dienstag zu auch die Staatsanwaltschaft die Einstellung des Prozesses.

Staatsanwalt Luis Navajas stellte vor Gericht einen entsprechenden Antrag. Bereits zuvor hatte die Anklage beantragt, dass Garzón entlastet werde, weil seine Ermittlungen keine strafrechtliche Verfolgung rechtfertigten.

In dem Verfahren geht es um Garzóns Ermittlungen zu Verbrechen während des Spanischen Bürgerkriegs (1936 bis 1939) und der Diktatur Francisco Francos (1939 bis 1975). Zwei rechtsextreme Vereinigungen werfen dem Richter vor, damit ein Amnestiegesetz von 1977 gebrochen zu haben.

Kritik an Richter

Garzóns Anwalt Gonzalo Martínez Fresneda fordert nach den Äusserungen der Staatsanwaltschaft die Einstellung des Prozesses. Richter Luciano Varela warf er Parteilichkeit vor, weil er sich hinter Vorwürfe zweier rechtsextremer Vereinigungen stelle.

Varela habe gegen „elementare Verfahrensregeln“ verstossen und den Klägern Tipps gegeben, wie sie ihr Klagegesuch abzufassen habe, damit es angenommen werden könne.

Verteidigung und Staatsanwaltschaft waren sich zudem darin einig, dass der Prozess auch deshalb eingestellt werden müsse, weil die Vorwürfe nur von den beiden rechtsextremen Vereinigungen erhoben würden, und nicht von Parteien, die direkt von Garzóns Ermittlungen betroffen seien.

Verbrechen gegen die Menschlichkeit

Der im In- und Ausland als hartnäckiger Ermittler bekannte Garzón erschien in seiner Richterrobe zu dem Prozesstermin des Obersten Gerichts in Madrid. Er soll am kommenden Dienstag erstmals aussagen.

Garzón vertritt die Ansicht, dass die alten Verbrechen trotz des Amnestiegesetzes verfolgt werden können, weil es sich um Verbrechen gegen die Menschlichkeit gehandelt habe, die nach internationalem Recht nicht von der Aufarbeitung ausgeschlossen werden könnten. Seine Ermittlungen bezogen sich auf das Schicksal von 114’000 Vermissten.

Bei einer Verurteilung drohen Garzón bis zu 20 Jahre Berufsverbot. Der Prozess soll mindestens einen Monat dauern.

„Tyrannenjäger“

Der Jurist ist über die Landesgrenzen hinweg unter anderem deshalb bekannt, weil er in hochkarätigen Anti-Terror-Verfahren, aber auch wegen Verbrechen in lateinamerikanischen Diktaturen ermittelte.

Nächster Artikel