Das deutsche Verfassungsgericht hat eine umstrittene Sozialleistung für die Eltern kleiner Kinder gekippt. Für das sogenannte Betreuungsgeld seien die Länder und nicht der Bund zuständig, entschieden die höchsten deutschen Richter am Dienstag.
Das Betreuungsgeld in Höhe von 150 Euro pro Monat erhalten in Deutschland Eltern, die ihr Kind zwischen dem 15. und 36. Lebensmonat nicht in eine Kindertagesstätte oder zu einer Tagesmutter schicken. Es war erst im August 2013 auf Betreiben der bayerischen Christsozialen (CSU) eingeführt worden.
Kritiker bezeichneten das Betreuungsgeld als «Herdprämie», die Mütter dazu verleiten solle, zu Hause zu bleiben. Im ersten Quartal 2015 erhielten gut 455’000 Eltern diese Leistung. 94,6 Prozent der Bezieher sind Mütter.
Das Bundesland Hamburg hatte nun geklagt, weil es die Prämie für verfassungswidrig hält. Das Betreuungsgeld sei nicht zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse notwendig, begründete das Gericht nun sein Urteil.
Die Empfänger des Betreuungsgeldes müssen trotz der Entscheidung nicht die sofortige Einstellung der Zahlung befürchten. Laut einer Härtefallregelung im zehnten Sozialgesetzbuch müssen solche Leistungen weiter gezahlt werden, wenn die Betroffenen sich darauf eingestellt haben.
Die Entscheidung des Verfassungsgerichtes gilt als eine Schlappe für die CSU, die das Betreuungsgeld 2009 im Koalitionsvertrag verankert hatte. Ihre Koalitionspartner CDU und FDP hatten in dem damaligen christlich-liberalen Bündnis eher widerwillig zugestimmt.
Parteien streiten über Folgen des Urteils
Die SPD reagierte am Dienstag erfreut auf das Urteil. Sie will die Familienleistung nun komplett abschaffen. «Das Betreuungsgeld ist Vergangenheit – nun muss in die Zukunft investiert werden», sagte die stellvertretende SPD-Fraktionschefin Carola Reimann am Dienstag. Kitas müssten weiter ausgebaut werden.
Ähnlich äusserte sich die rheinland-pfälzische Ministerpräsidenten Malu Dreyer. Das Betreuungsgeld habe gerade Frauen mit kleinen Kindern vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen, sagte die SPD-Politikern der «Bild».
Die Chefin der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Gerda Hasselfeldt, plädierte indes dafür, dass der Bund den Ländern künftig Geld für die Leistung zur Verfügung stellt. Das Gericht habe nur über die Zuständigkeiten entschieden, nicht über das Betreuungsgeld an sich. Eltern müssten selbst entscheiden können, wie sie ihre Kinder betreuten.