Am Sonntag startet Jolanda Neff in Rio im Strassenrennen. 13 Tage später folgt der Einsatz auf dem Mountainbike. Von Gold bis «unter ferner fuhren» ist für sie im Cross-Country-Rennen alles möglich.
Neff hat sich für die Olympiasaison hohe Ziele gesteckt. Die Mountainbike-Gesamtweltcupsiegerin des Vorjahres versucht sich bei ihrer ersten Olympiateilnahme in zwei Disziplinen, wagt dafür einen Abstecher auf die Strasse. Es ist ein gewagtes Unterfangen, das aber nicht zum Scheitern verurteilt ist. Auf dem Mountainbike gehört Neff auch mit zweigleisigem Programm zu den ersten Siegesanwärterinnen, und mit ihrem Sieg bei der Polen-Rundfahrt am letzten Wochenende hat sie erneut bewiesen, dass sie auch auf der Strasse zu Grossem fähig ist.
Allerdings ranken sich seit einigen Wochen Fragezeichen um Neff. Rückenprobleme banden die St. Gallerin in den letzten Mountainbike-Rennen zurück. Sowohl an den Weltmeisterschaften in Nove Mesto (8. Platz) als auch im Heim-Weltcup in Lenzerheide (3.) wurde Neff geschlagen. Dazu verhinderte eine Pollenallergie im Mai einen Start in Albstadt.
So scheint ihre grösste Konkurrentin Annika Langvad vor Rio die leicht besseren Karten zu haben. Die 32-jährige Dänin, die bis vor Kurzem eher als Spezialistin für die Langdistanzen galt, dies aber verneint, präsentiert sich in starker Verfassung, gewann mitunter zwei Weltcuprennen und den WM-Titel. Auch die erst 22-jährige Schwedin Jenny Rissveds kann Neff schlagen, ohne auf einen Defekt oder Einbruch der Schweizerin angewiesen zu sein.
Vieles wird bei Neff von der Tagesform abhängen. Fühlt sie sich gut und macht ihr der Rücken nicht zu schaffen, ist sie diejenige, die es zu schlagen gilt. An den Europameisterschaften distanzierte sie die Konkurrenz um zweieinhalb Minuten und mehr, in La Bresse fuhr sie ihren siebten Weltcupsieg ein. In guter Verfassung ist Neff der zweite Gold-Trumpf im Cross Country neben Nino Schurter bei den Männern. An einem weniger guten Tag aber versinkt sie im Mittelmass.
Der zweite Schweizer Startplatz ging an die Urnerin Linda Indergand. Die 23-jährige Eliminator-Weltmeisterin fuhr beim Weltcup-Auftakt in Australien als Zweite zum ersten Mal bei der Elite aufs Podest und belegt im Gesamtweltcup nach vier von sechs Stationen den starken 4. Platz. Deshalb wurde sie Alessandra Keller vorgezogen. Im Optimalfall kann sie ihr Olympia-Debüt mit einer Medaille versüssen.