Die Gewerkschaft Unia fordert von Bundesrat und Parlament Massnahmen gegen die Deindustrialisierung. Nur mit einer aktiven Industriepolitik könne verhindert werden, dass die reiche Schweiz zu einer Dienstleistungswüste und zu einem Casino-Bankenplatz verkomme.
Die laufende Zerstörung der Industrie in der Schweiz sei nicht Folge eines Strukturwandels, sondern das Ergebnis von strategischen Entscheidungen gegen die Produktion und gegen die Arbeitenden, heisst es im «Manifest für eine industrielle Schweiz» der Unia. Das Papier wurde von rund 500 Industriebeschäftigten an einem Aktionstag der Gewerkschaft am Freitag in Bern unterzeichnet.
Die Gestaltung der wirtschaftlichen Zukunft dürfe nicht allein den Arbeitgebern und Aktionären überlassen werden, verlangt die Unia. Dem Schutz der Arbeitnehmer müsse eine höhere Priorität eingeräumt werden als dem Schutz kurzfristiger Profitinteressen der Aktionäre. Dafür brauche es, gerade mit Blick auf die 4. industrielle Revolution, einen wirksamen Kündigungsschutz und scharfe Regeln bei Massenentlassungen.
Darüber hinaus verlangen die Unia-Delegierten ein unverletzliches, privilegiertes Statut der Arbeit in der Verfassung. Dieses Statut soll die Priorität der Arbeit vor dem Kapital und das Prinzip des Rechts auf Arbeit enthalten. Weiter soll es die Arbeitszeiten und die Verfügbarkeit von Mitarbeitenden über die offizielle Arbeitszeit hinaus beschränken.
Schon heute liege die reale Arbeitszeit in allen Sektoren deutlich über 41 Stunden. Nun wollten Wirtschaftsverbände und rechte Parteien die Arbeitszeit weiter ausdehnen und die Regeln der Höchstarbeitszeit abschaffen, moniert die Unia.
Zu wenige Investitionen
In der Schweiz sei die Investitionsrate in den vergangenen Jahrzehnten massiv gesunken, weil die Aktionäre zunehmend nur noch dort investierten, wo in ein bis drei Jahren hohe Renditen winkten. Die Schweiz schaffe in innovativen Industrien deutlich weniger Arbeitsplätze als alle Industrienationen, die Industriepolitik betreiben, kritisiert die Gewerkschaft.
Eine zukunftsgerichtete Industriepolitik müsse damit beginnen, dass der Bundesrat rasch eine grosse und öffentliche Konferenz mit drei Parteien zu Industriellen Schweiz und zur vierten industriellen Revolution einberufe. Die Digitalisierung führe zu einer Umwälzung und sei eine grosse Herausforderung für die Schweizer Wirtschaft. Zur Finanzierung von Innovationen schlägt die Unia die Bildung eines Produktionsfonds vor.
Kritik an Jordan
Die Unia erneuerte zudem ihre Kritik an der Geldpolitik der Schweizerischen Nationalbank (SNB). Die SNB folge mit ihrer Politik weder monetären Notwendigkeiten noch dem Ziel der Preisstabilität. Nationalbank-Präsident Thomas Jordan treibe damit die Deindustrialisierung der Schweiz an.
Die SNB müsse im Gesamtinteresse des Landes handeln und nicht nur dem Finanzplatz dienen, heisst es im Manifest. Bundesrat und Parlament müssten die Nationalbank zähmen und die Bevorzugung des Finanzplatzes beenden. Die Schweiz sei eine traditionelle Industrienation und gewinne aus der Produktion zweieinhalb mehr Wohlstand als aus dem Bankenplatz.