Mehr als eine halbe Million Kinder und Jugendliche haben sich nach UNO-Angaben bei der Flucht nach Europa seit Anfang 2015 in die Hände krimineller Menschenschmuggler begeben. Viele von ihnen seien von organisierten Banden sexuell ausgebeutet worden.
Zudem seien viele zu kriminellen Handlungen angehalten oder in Zwangsarbeit zur Bezahlung der Fluchthilfe gedrängt worden, berichtete das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) am Freitag in Genf.
Das sei möglich geworden, weil europäische Staaten Flüchtlingen kaum legale Wege für die Einreise böten, erklärte die UNICEF-Koordinatorin für die Flüchtlingskrise in Europa, Marie-Pierre Poirier.
«Gäbe es sichere und legale Optionen, wären Kinder und deren Familien nicht gezwungen, sich in die Hände von Menschenschmugglern zu begeben, die viele von ihnen auf irregulären Routen in Gefahr bringen», sagte sie.
Diese Menschen sähen keine Alternative, sagte auch ein Sprecher des UNO-Flüchtlingshilfswerks UNHCR vor den Medien. UNICEF wie auch UNHCR riefen die Staaten dazu auf, legale Routen zu öffnen.
Hunderttausende ohne Begleitung
UNICEF machte keine genauen Angaben dazu, wie viele Kinder auf der Flucht Opfer von Kriminellen wurden. Die Organisation verweist auf EU-Zahlen, wonach seit Januar 2015 in europäischen Ländern von mehr als 580’000 Minderjährigen Asylanträge gestellt worden seien. Nahezu 100’000 von ihnen seien ohne Begleitung von Erwachsenen nach Europa geflohen.
Zwar kommen weniger Menschen über das Mittelmeer nach Europa, seit die EU mit der Türkei das Flüchtlingsabkommen geschlossen hat. Laut der EU haben sich aber die Tarife der Schlepper verdreifacht – sie betrügen teils bis zu 3000 Euro für eine Etappe. Um das zu bezahlen, seien gewisse Kinder gezwungen, sich sexuell ausbeuten zu lassen, zu arbeiten oder kriminelle Taten zu begehen.
Um die Kinder und Jugendlichen zu schützen, hat UNICEF Spezialisten an die wichtigsten Ankunftsorte der Flüchtlinge geschickt. Sie helfen etwa in Athen oder Lampedusa Mädchen, die Opfer sexueller Gewalt wurden.