Die Weltgemeinschaft berät seit diesem Wochenende im japanischen Sendai über eine neue globale Strategie bei der Katastrophenvorsorge. Die Minimierung von Katastrophenrisiken steht beim Kampf gegen die Auswirkungen des Klimawandels an vorderster Stelle.
Vor dem Hintergrund der verheerenden Zerstörungen im südpazifischen Inselstaat Vanuatu durch den Zyklon «Pam» verlangt die UNO deutlich grössere Investitionen. «Was wir hier diskutieren, ist für Millionen von Menschen weltweit sehr real», sagte UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon zum Auftakt der Gespräche. Nach Angaben der UNO-Behörde für die Reduzierung von Katastrophenrisiken (UNISDR) liegen die wirtschaftlichen Verluste durch Katastrophen bei 250 bis 300 Milliarden Dollar pro Jahr.
Die Minimierung von Katastrophenrisiken stehe beim Kampf gegen die Auswirkungen des Klimawandels deshalb mit an vorderster Stelle, sagte Ban vor den rund 6000 Delegierten aus über 180 Ländern. Dies sei «eine gute Investition für Unternehmen und eine kluge Investition bei der Rettung von Leben».
«Es ist nicht länger möglich, das Klimachaos zu ignorieren», warnte auch die französische Entwicklungsministerin Annick Girardin am Sonntag. Die Situation werde sich noch verschlimmern, sollte sich die internationale Gemeinschaft beim Weltklimagipfel Ende des Jahres in Paris nicht auf ein Nachfolgeregime für das 2012 auslaufende Kyoto-Protokoll zur Reduzierung der Treibhausgase einigen.
Dutzende Tote in Vanuatu befürchtet
Der Präsident des südpazifischen Inselstaates Vanuatu, Baldwin Lonsdale, rief vor dem Hintergrund der verheerenden Zerstörungen in seinem Land durch den Zyklon «Pam» zu verstärkter Hilfe auf. Naturkatastrophen könnten «Jahre der Entwicklung zunichtemachen», sagte er.
«Unsere Hoffnung auf eine blühende Zukunft ist zerstört», sagte Lonsdale um Fassung ringend vor den Delegierten. Der Wirbelsturm der höchsten Kategorie fünf hatte am Samstag (Ortszeit) Vanuatu mit voller Wucht getroffen. Wegen des Zusammenbruchs das Telekommunikationsnetzes war das Ausmass der Schäden auch am Sonntag noch unklar.
Vier Milliarden aus Japan
Gastgeber Japan kündigte an, über die nächsten vier Jahre hinweg vier Milliarden Dollar für das globale Krisenmanagement bereitstellen zu wollen. Japan wolle helfen, 40’000 Menschen in aller Welt in Katastrophenschutz- und Wiederaufbau-Massnahmen auszubilden, sagte der japanische Ministerpräsident Shinzo Abe .
Wichtig sei auch die Beteiligung der Zivilgesellschaft, insbesondere der Frauen, bei der Ausarbeitung von Vorsorgemassnahmen gegen Katastrophen. 90 Prozent der Opfer gibt es Abe zufolge in ärmeren Ländern. Daher müsse es auch um nachhaltiges Wirtschaftswachstum und Anpassungen an den Klimawandel gehen.
Burkhalter fordert Umstellung der Hilfe
Der Schweizer Aussenminister Didier Burkhalter sagte vor den Delegierten, der heute übliche Mechanismus der humanitären Hilfe als Antwort auf Katastrophen stosse an seine Grenzen. Deshalb müsse die Hilfe von einer Reaktion hin zu vorbeugenden Massnahmen wechseln. Dieser Wechsel sei anspruchsvoll, sagte Burkhalter.
Es sei einfacher, öffentliche Gelder für die Soforthilfe aufzutreiben als für Präventionsmassnahmen. Deshalb müsse die Politik jetzt ein Zeichen für einen solchen Paradigmenwechsel setzen, sagte er den Konferenzteilnehmern, die ein neues Rahmenprogramm für Katastrophenvorsorge verabschieden sollen.
Zweifel an Wirksamkeit
Ziel der Konferenz in Sendai ist die Ausarbeitung eines neuen UNO-Rahmenwerks mit einer Laufzeit von 15 Jahren zur Risikoreduzierung von Naturkatastrophen. Ein derzeitiger Aktionsplan namens Hyogo Framework for Action läuft in diesem Jahr aus.
Auf der Konferenz gehe es nicht darum, konkret festzulegen, wer wann wie viel Geld zur Verfügung stellt, sagte der Co-Leiter der deutschen Delegation, Christoph Strässer. Es gehe vielmehr um eine neue globale Strategie und Instrumente zur Risikoreduzierung.
Kritiker äusserten jedoch zum Auftakt Zweifel an der erwarteten Vereinbarung. Es sei zu befürchten, dass die Ärmsten nicht ausreichend geschützt werden, warnte Michelle Higelin von der Hilfsorganisation ActionAid. Zyklon «Pam» sei eine Warnung.