Israel verletzt im Gazastreifen laut dem UNO-Hochkommissariat für Menschenrechte zweifellos Völkerrecht. Das Land missachte Prinzipien der Verhältnismässigkeit und der Vorsicht, sagte die UNO-Hochkommissarin für Menschenrechte Navi Pillay am Donnerstag in Genf.
Die Attacken des israelischen Militärs gegen Spitäler und Schulen des UNO-Hilfswerks für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) könnten als Kriegsverbrechen angesehen werden, sagte Pillay an ihrer letzten Medienkonferenz vor dem Ende ihrer sechsjährigen Amtszeit.
Falls die Hamas Raketen in Schulen, Spitälern oder Moscheen, wo Menschen Zuflucht suchen, lagere oder abschiesse, verletze dies ebenfalls Völkerrecht, sagte Pillay. Sie fügte allerdings an: «Dies erlaubt Israel nicht, seinerseits die Bestimmungen der Genfer Konventionen zu missachten.»
Straffreiheit nicht tolerieren
Die Hochkommissarin will keine Straffreiheit tolerieren – auf keiner Seite. Pillay erinnerte an die Abmachungen des Goldstone-Berichts über Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Die Abmachungen seien immer noch gültig, sagte sie und bedauerte, dass die internationale Gemeinschaft diese nicht umgesetzt habe.
Der Goldstone-Bericht vom September 2009 hatte sowohl Israel als auch den bewaffneten palästinensischen Gruppen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit während des Gaza-Krieges 2008-2009 vorgeworfen.
Die UNO-Hochkommissarin war der Ansicht, dass wie nach den israelischen Offensiven in Gaza in den Jahren 2008-2009 und 2012 keine glaubhafte Untersuchung der israelischen Behörden zum Konflikt zu erwarten sei.
Pillay kritisierte auch die Zerstörung eines Kraftwerks – dies sei eine klare Verletzung des Völkerrechts. Die Einwohner von Gaza hätten nur noch zwei Stunden Strom pro Tag zur Verfügung, sagte sie und fügte an: «Das schränkt ihr Recht auf Gesundheitsversorgung, Nahrung und Unterkunft ein.»
Betroffen über Situation in Syrien
Navi Pillay zeigte sich auch «betroffen» über die anhaltende Gewalt in Syrien. Immer mehr Zivilisten würden getötet.
Die Mitglieder der Untersuchungskommission der UNO, darunter Carla del Ponte, sammelten weiterhin aktiv Beweise. «Ich wiederhole es noch einmal: Der internationale Strafgerichtshof muss sich der Situation in Syrien annehmen», sagte Pillay.
Zeit reif für den Ruhestand
Die 73-jährige Pillay ist seit September 2008 UNO-Hochkommissarin für Menschenrechte. Die Südafrikanerin tamilischer Herkunft war zuvor Richterin am Internationalen Strafgerichtshof und am UN-Kriegsverbrechertribunal für Ruanda. Zudem kämpfte sie gegen die Apartheid in Südafrika.
Pillay teilte mit, die Zeit sei reif für den Ruhestand – sie werde keinen offiziellen Posten mehr übernehmen. Allerdings fügte sie an: «Ich werde meine Arbeit als Verteidigerin der Menschenrechte auf informeller Basis weiterführen, insbesondere im Kontakt mit Universitäten.» Sie wolle zudem in Afrika die Pflichten in Bezug auf Menschenrechte besser bekannt machen.
Die UNO-Vollversammlung nominierte im Juni den jordanischen Prinzen Zeid al-Hussein zu Pillays Nachfolger. Der derzeitige Botschafter Jordaniens bei der UNO wird seine Arbeit am 1. September aufnehmen.