Der UNO-Hochkommissar für Flüchtlinge, António Guterres, hat an der Münchner Sicherheitskonferenz der Staatengemeinschaft ins Gewissen geredet. Eindringlich warnte er vor dem Gefahrenpotenzial der weltweiten Flüchtlingskrisen.
Die dramatische humanitäre Situation in vielen Ländern sei eine Bedrohung für die globale Sicherheit und den globalen Frieden, sagte António Guterres, UNO-Hochkommissar für Flüchtlinge, am späten Freitagabend auf der Münchner Sicherheitskonferenz. Und die internationale Gemeinschaft sei bisher nicht in der Lage, effektiv etwas dagegen zu unternehmen.
Guterres bekräftigte, das Ausmass von Flucht und Vertreibung habe den höchsten Stand seit dem Zweiten Weltkrieg erreicht. Grund sei die Vielzahl immer neuer Konflikte, etwa in der Ukraine. «Wir haben eine chaotische Welt», sagte er. «Krisen können jederzeit überall entstehen.»
Über 55 Millionen Flüchtlinge
Er rief die internationale Staatengemeinschaft deshalb zu deutlich grösseren Anstrengungen auf – und zu mehr Unterstützung für humanitäre Organisationen und die Entwicklungszusammenarbeit.
Bis Mitte 2014 hatte das UNO-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) 56,7 Millionen Flüchtlinge sowie Vertriebene innerhalb der eigenen Landesgrenzen registriert. Einem UNHCR-Bericht zufolge wurden allein innerhalb der ersten sechs Monate des vergangenen Jahres weltweit 5,5 Millionen Menschen durch Krieg, Gewalt, Verfolgung und Menschenrechtsverletzungen in die Flucht getrieben.
Kritik an EU-Staaten
Guterres wies darauf hin, dass der weit überwiegende Teil der Flüchtlinge in Nachbarstaaten unterkommt, die selbst Entwicklungsländer sind – und zwar 86 Prozent. «Viele dieser Länder werden alleine gelassen», kritisierte er.
Zugleich forderte er, dass alle EU-Staaten Flüchtlinge aufnehmen und nicht nur einige wenige. Nötig sei eine faire Verteilung in Europa, aber auch eine «wirkliche Lastenverteilung» in der gesamten westlichen Welt.
Der Generalsekretär der Menschenrechtsorganisation Amnesty International, Salil Shetty, warf der internationalen Gemeinschaft Versagen vor – Versagen im Bemühen, Menschen in ihren Heimatländern vor Menschenrechtsverletzungen zu schützen. Wenn es um derartige Vergehen gehe, dürften die Vetomächte im UNO-Sicherheitsrat Entscheidungen künftig nicht blockieren können, schlug Shetty vor.