UNO-Kommission wirft Assad-Regime schwere Verbrechen vor

Bei Gewalteinsätzen gegen das eigene Volk hat das syrische Regime laut einer unabhängigen Untersuchungskommission schwere Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen. Die vom UNO-Menschenrechtsrat berufene Kommission stellte am Montag in Genf ihren Bericht vor.

Der Vorsitzende der Kommission Paulo Sérgio Pinheiro präsentiert den Bericht (Bild: sda)

Bei Gewalteinsätzen gegen das eigene Volk hat das syrische Regime laut einer unabhängigen Untersuchungskommission schwere Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen. Die vom UNO-Menschenrechtsrat berufene Kommission stellte am Montag in Genf ihren Bericht vor.

Darin listete sie Verbrechen auf wie Massenhinrichtungen, willkürliche Verhaftungen, Zwangsvertreibungen, Folter und sexuelle Gewalt. Militär und Sicherheitskräfte wurden auch der Verletzung der Rechte von Kindern beschuldigt.

Seit Beginn der Demonstrationen gegen die Herrschaft von Präsident Baschar al-Assad im März wurden gemäss dem Bericht mindestens 256 Kinder von Regierungstruppen getötet. Einige Jungen seien sexuell gefoltert worden, berichtete die Kommission.

Soldaten schossen demnach wahllos auf Demonstranten, während Scharfschützen gezielt auf Oberkörper und Köpfe schossen. Nach UNO-Schätzungen wurden in dem Konflikt in Syrien insgesamt über 3500 Menschen getötet.

Einreise verwehrt

Die Kommissionsmitglieder riefen bei der Vorlage ihres Berichtes die UNO und den Sicherheitsrat auf, sich energisch für „eine sofortige Beendigung schwerer Verletzungen der Menschenrechte“ in Syrien stark zu machen. Alle Vorwürfe müssten eingehend untersucht und mutmassliche Täter zur Verantwortung gezogen werden.

Die im August einberufene Kommission unter Leitung des Brasilianers Paulo Sérgio Pinheiro beklagte, dass die Regierung in Damaskus ihr trotz wiederholter Appelle die Erlaubnis zur Einreise nach Syrien versagte.

Daher stützen sich die in dem 22-seitigen Bericht erhobenen Anschuldigungen gegen das Assad-Regime grossteils auf Angaben von Zeugen und Gewaltopfer, die ausserhalb Syriens befragt wurden.

Dazu gehörten auch Überläufer, die nach eigenen Angaben als Mitglieder der Sicherheitskräfte zur Niederschlagung von Protesten eingesetzt waren. Sie hätten von klaren Befehlen „zu schiessen und zu töten“ berichtet, heisst es in dem Dokument.

Auch Kinder

Einer der 223 befragten Zeugen wird mit Angaben über ein Massaker unter friedlichen Demonstranten in der Ortschaft Telbisa im Mai zitiert: „Die Demonstranten forderten Freiheit. Sie trugen Olivenzweige und marschierten mit ihren Kindern. Wir hatten Befehl, die Menge aufzulösen oder jeden zu eliminieren, auch Kinder. (…) Wir benutzten Maschinengewehre und andere Waffen. Viele Menschen lagen am Boden, verletzt oder getötet.“

Mehrere Überläufer berichteten der Kommission, dass Kameraden getötet worden seien, weil sie sich weigerten, auf Zivilisten zu schiessen. In der Ortschaft Sayda, hiess es weiter, seien sogar Kinder zu Tode gefoltert worden – unter ihnen ein 14- und 13-Jähriger. Mehrere Zeugen berichteten von sexueller Folter an männlichen Gefangenen.

Pro-Assad-Demos

Die am Sonntag beschlossenen Sanktionen von 19 arabischen Staaten heizten die Lage in Syrien zusätzlich an. Am Montag protestierten in der Hauptstadt Damaskus und in Aleppo zehntausende Anhänger des Regimes gegen die Sanktionen.

Aussenminister Walid al-Muallim bezeichnete die Sanktionen der Arabischen Liga als „wirtschaftliche Kriegserklärung“. Sie versperrten den Weg zu einer Lösung der Krise.

Gleichzeitig führte er bei einer Pressekonferenz am Montag blutige Videos vor, die beweisen sollten, dass bewaffnete Banden hinter den Protesten in Syrien steckten.

Humanitäre Korridore

Die humanitäre Lage verschlimmere sich zusehends, gab Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey am Montag vor den Medien in Genf zu bedenken. Nun werde die Idee Frankreichs von humanitären Korridoren geprüft.

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