Seit einem Bundesgerichtsurteil vom Juli muss die SBB politische, religiöse oder andere ideelle Aktionen in ihren Bahnhöfen tolerieren. Wer beispielsweise in Bern oder Zürich Unterschriften sammeln will, muss aber tief in die Tasche greifen.
Gemäss dem überarbeiteten Reglement erhebt die SBB für die Bewilligung in Railcity-Bahnhöfen eine Gebühr von 1053 Franken. In mittelgrossen Bahnhöfen kosten ideelle Aktionen pro Tag 486 Franken, in kleinen 108 Franken. SBB-Sprecher Christian Ginsig bestätigte auf Anfrage eine entsprechende Meldung der „SonntagsZeitung“.
Kostendeckende Gebühren
Die Höhe der Gebühr rechtfertigt er mit dem Aufwand für die SBB. Neben dem Ausstellen der Bewilligung gelte es, den Organisatoren den genauen Standort zuzuweisen. Unter Umständen seien zusätzliche Sicherheitsmassnahmen und im Anschluss eine Reinigung notwendig. „Für uns bleibt es das oberste Ziel, dass die Bahnkunden die Züge rechtzeitig erreichen können“, sagte Ginsig.
Einen prohibitiven Charakter haben die Tarife nach seinen Angaben nicht. Diese beliefen sich auf einen Fünftel der Gebühren für kommerzielle Aktionen und deckten lediglich die anfallenden Kosten ab. Der SBB-Sprecher gesteht aber ein, dass es dem Bahnunternehmen bisher an Erfahrung in dem Bereich fehlt. „Im Moment haben wir rund 2000 Anfragen pro Jahr, wir gehen aber davon aus, dass es in Zukunft deutlich mehr werden.“
Das Reglement sieht vor, dass alle ideellen Aktionen gleich behandelt werden – sei das Anliegen nun politisch, religiös, ökologisch oder gemeinnützig. Mit den politischen Parteien seien jedoch Gespräche geplant, sagte Ginsig. Er schliesst nicht aus, dass es danach am Reglement noch Anpassungen geben könnte.
Beschwerde geplant
Das überarbeitete Reglement tritt am 1. Januar 2013 in Kraft, laut Ginsig wird es aber jetzt schon angewendet. Zur Revision war die SBB durch ein Grundsatzurteil des Bundesgerichts vom Juli 2012 gezwungen worden. Die Richter in Lausanne erklärten Bahnhöfe zum öffentlichen Raum, in dem die Ausübung ideeller Grundrechte nicht grundsätzlich verboten werden darf.
Ob die SBB dafür eine Gebühr erheben und weitere Auflagen machen darf, werden die Gerichte möglicherweise auch noch überprüfen müssen. Die Jungen Grünen Bern wollen das Reglement nämlich beim Bundesamt für Verkehr (BAV) anfechten, wie Vizepräsidentin Seraphine Iseli auf Anfrage sagte.
„Wir haben angefragt, ob wir einen günstigeren Tarif bekommen, wenn wir bloss mit Klemmbrettern Unterschriften sammeln“, sagte sie. Die SBB habe diese Anfrage negativ beantwortet. Das wollen die Jungen Grünen Bern nicht akzeptieren. Die Beschwerde soll nächste Woche eingereicht werden.