Ein Gericht in Thun hat am Dienstag einen 48-jährigen Mann wegen eines Doppeltötungsdelikts im Jahr 2013 in Spiez zur höchstmöglichen Strafe verurteilt: lebenslänglich mit anschliessender Verwahrung. Das Urteil wird weitergezogen.
Sie habe sich mit ihrem Mandanten besprochen, er werde das Urteil an die nächsthöhere Instanz weiterziehen, sagte Verteidigerin Manuela Glauser am Dienstag beim Verlassen des Gerichtsgebäudes.
Dort hatte Minuten vorher das fünfköpfige Regionalgericht den Angeklagten des mehrfachen Mordes für schuldig erklärt und verurteilt.
Das erstinstanzliche Gericht sah es als erwiesen an, dass der Mann zusammen mit seinem zur Tatzeit minderjährigen Sohn den Leiter eines privaten Kinderheims und dessen Partnerin grausam ermordete. Die Opfer wiesen insgesamt weit über 100 Messerstiche auf. Gerichtspräsident Jürg Santschi sprach von einem «wahren Blutrausch» der Täter.
Der Sohn hatte rund zehn Jahre vor der Tat einige Wochen in dem Kleinheim in Spiez verbracht. Dabei empfand er Bestrafungen als demütigend und ungerecht.
Die Vorgänge erzürnten nicht nur den Sohn, sondern vor allem auch seinen reizbaren Vater. Im Mai 2013, Jahre nach den Vorfällen, tauchten Vater und Sohn in dem Heim auf und metzelten den Heimleiter und dessen damalige Partnerin nieder. Der Angriff galt in erster Linie dem Heimleiter, die Frau wurde als unliebsame Zeugin eliminiert.
Die Polizei tappte zunächst lange im Dunkeln, konnte dann aber rund 18 Monate nach der Tat Vater und Sohn verhaften. Beide schwiegen bisher zur Tat. Einzig der Sohn erwähnte gegenüber einer Psychiaterin, allerdings lange nach der Festnahme, er habe den Heimleiter und dessen Freundin allein umgebracht, sein Vater habe mit der Sache nichts zu tun.
Dieser Version schenkte das erstinstanzliche Gericht am Dienstag keinen Glauben. Es verwies auf ein rechtsmedizinisches Gutachten, das von zwei Tatwaffen ausgeht. Die eine sei ein tödliches Messer gewesen, die andere ein eher untaugliches, stumpfes Tatwerkzeug, zum Beispiel eine geschlossene Schere.
Es sei nicht nachvollziehbar, warum ein Alleintäter im Besitz einer tödlichen Waffe eine weitere, untaugliche einsetzen sollte, kam das Gericht zum Schluss. Es sah im Vater den Haupttäter, im Sohn den Mitläufer. Zudem fanden sich am Tatort DNA-Spuren von Vater und Sohn.
Mit dem Urteil gegen den Vater liegt das Regionalgericht Thun ganz auf der Linie der Staatsanwältin. Die Verteidigung hatte für ihren Mandanten hingegen einen Freispruch verlangt und sich dafür auf die Schilderungen des Sohnes gegenüber der Psychiaterin gestützt.
An dem Gerichtsverfahren waren auch ein Dutzend Privatkläger beteiligt, Angehörige der Opfer und Zöglinge des Heims, heute junge Frauen und Männer. Ihnen sprach das Gericht Genugtuungen zu. Die Jugendlichen hatten mit dem Heimleiter ihren Ersatzvater verloren.
Zahlreiche Angehörige der Opfer und ehemalige Heimbewohner verfolgten den Prozess am Regionalgericht in Thun. Das Urteil werde ihnen ihre Liebsten nicht wiederbringen, wandte sich Santschi an sie. Aber vielleicht könne es einen Beitrag zur weiteren Verarbeitung der Tat leisten.
Da der Sohn zur Tatzeit minderjährig war, stand er nicht mit dem Vater vor Gericht in Thun. Sein Fall wird in den kommenden Tagen vor dem Jugendgericht unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhandelt. Vor Jugendgericht ist die Höchststrafe für Verbrechen vier Jahre Freiheitsentzug.