Die Urteilsberatung der Solothurner Gerichte geschieht auch künftig im stillen Kämmerlein. Der Kantonsrat lehnte am Mittwoch einen Volksauftrag mit 73 zu 16 Stimmen bei einer Enthaltung ab, der öffentliche Urteilsberatungen verlangte.
Bei diesem Volksauftrag wurde von 144 Bürgerinnen und Bürger gefordert, dass die Gerichte des Kantons Solothurn nach der Verhandlung ihre Urteile öffentlich beraten. Dazu müssten die Richter und Richterinnen bei der Urteilsbegründung ihre Meinung mündlich und einzeln dem Bürger darlegen.
Ausnahmen sollen möglich sein, wenn überwiegende private oder öffentliche Interessen ein geheimes Vorgehen erfordern oder wenn es die Parteien übereinstimmend verlangen, schränkte der Volksauftrag ein.
Einzelne Richter könnten unter Druck stehen, meinte Karin Kissling (CVP) namens der Justizkommission. Es könne mit der öffentlichen Urteilsberatung kein Qualitätsgewinn erwartet werden. Die Richter müssten sich nach der Verhandlung unter sich austauschen können, sagte der Sprecher der Grünen. Die richterliche Unabhängigkeit könnte unter Druck geraten.
Kein kollektives Unterzeichnen von Entscheiden
Mit 73 zu 16 Stimmen für nicht erheblich erklärt wurde auch ein zweiter Volksauftrag. Dieser verlangte, dass alle Mitglieder der Kollegialbehörden in Justiz und Verwaltung ihre Entscheide mitunterzeichnen müssen. Wäre ein Mitglied nicht der gleichen Meinung wie seine Kollegen, sollte er seine abweichende Meinung in einem separaten Anhang zum Entscheid kurz darlegen können.
Bei Gerichten bestehe ein gewisser Spielraum, sagte dazu Kommissionssprecherin Johanna Bartholdi (FDP). Bei der Verwaltung sei solches aber nicht vorgesehen und nur mit grossem zeitlichem Aufwand möglich. Weil ein Volksauftrag nur in seiner Gesamtheit überwiesen werden könne, lehne die Justizkommission den Vorstoss ab.
Fast alle Fraktionen lehnten diesen zweiten Volksauftrag ebenfalls ab, obwohl ein Teil der Forderungen auf Sympathien stiess. Die richterliche Unabhängigkeit würde geschwächt, wurde argumentiert. Auch der Mehraufwand, der bei der Unterzeichnung von Entscheiden anfallen würde, wäre zu gross, meinten einzelne Fraktionssprecher.