Alarm im All: Nach einem vermuteten Austritt von giftigem Ammoniak auf der Internationalen Raumstation ISS ist das US-amerikanische Segment evakuiert worden. Nach ersten Untersuchungen gab die NASA dann aber vorsichtige Entwarnung.
Der Druck im Kühlsystem dieses Segments sei plötzlich sehr stark gefallen, teilte die Flugleitzentrale bei Moskau nach Berichten russischer Agenturen am Mittwoch mit.
Einige Stunden nach dem Alarm kam von der US-Raumfahrtbehörde NASA jedoch vorsichtige Entwarnung. «Zu diesem Zeitpunkt glaubt das Team nicht, dass Ammoniak ausgetreten ist», sagte ISS-Manager Mike Suffredini an einer Medienkonferenz. Stattdessen werde ein Computerproblem vermutet.
Austritt von Ammoniak gilt – neben einem Brand und einem Druckabfall – als grösste Gefahr für den Aussenposten der Menschheit. Der gasförmige Stoff dient unter anderem zur Kühlung des Stromkreislaufs auf der ISS rund 400 Kilometer über der Erde. «Wir glauben, dass jetzt alles gut ist, aber wir haben noch einen langen Weg vor uns, bis wir alles wieder neu konfiguriert haben», sagte Suffredini.
«Wir sind alle sicher»
Die US-Astronauten Barry Wilmore und Terry Virts hatten sich nach dem Alarm zur Sicherheit mit grosser Eile und Sauerstoffmasken in den russischen Teil der ISS begeben. Die Luke zwischen den beiden Modulen wurde geschlossen. «Wir sind alle sicher, und uns geht es gut im russischen Segment», twitterte die italienische Astronautin Samantha Cristoforetti kurz darauf.
Die Evakuierung des US-Segments sei eine Vorsichtsmassnahme gewesen, betonte Suffredini. «Für die Crew bestand nie ein Risiko.» Die Astronauten Wilmore und Virts hätten die Sauerstoffmassnahmen wieder ausgezogen. Es gehe ihnen im russischen Segment gut, sie hätten dort alles, was sie brauchten.
«Wir hoffen, dass die Crew heute Abend wieder im US-Segment sein kann. Es ist für sie einfach unbequem, so lange im russischen Segment zu sein.» Der Raumfahrtbehörde Roskosmos in Moskau zufolge wurde der Alarm gegen 09.44 Uhr (MEZ) ausgelöst.
Derzeit arbeiten neben den beiden US-Amerikanern und der Italienerin auch noch drei Russen auf der ISS. Neben dem russischen und dem US-amerikanischen Segment gehören auch ein europäisches und ein japanisches Labor zur Raumstation.
Man nehme den Zwischenfall sehr ernst, sagte Frank De Winne von der ESA. Bereits im Mai 2013 war ein Leck im Kühlsystem der ISS aufgetreten. Damals mussten zwei US-Astronauten ins All aussteigen, um das Loch bei einem Ausseneinsatz abzudichten.
Ersten Untersuchungen zufolge seien die wissenschaftlichen Experimente auf der ISS von dem Zwischenfall nicht gestört worden, sagte NASA-Manager Suffredini. «Wir haben keine Forschung verloren. Allerdings müssen wir ein paar Sachen neu planen. Zum Beispiel hätten heute eigentlich die Fruchtfliegen gefüttert werden müssen, die wir für ein Experiment brauchen.»