Schlechte Beleuchtung, Monotonie: Lange Flüge ins Universum können ganz schön zu schaffen machen. Die Schlafgewohnheiten der Astronauten – so eine Studie – ähneln denen von überwinternden Polarforschern.
Raumfahrt macht träge: Lange Reisen ins Weltall können den Schlaf-Wach-Rhythmus von Astronauten massiv durcheinanderwirbeln. Das fand ein US-Forscherteam mit deutscher Beteiligung heraus.
Die Wissenschaftler untersuchten dazu die sechs Männer, die 2010/11 beim Moskauer „Mars500“-Experiment rund 17 Monate lang in einem Raumschiff-Modell einen Flug zum Mars simulierten.
Die drei Russen, ein Franzose, ein Italiener und ein Chinese bewegten sich zunehmend weniger und verbrachten immer mehr Zeit mit Ausruhen und Schlafen, berichtet das Team im amerikanischen Fachjournal „PNAS“.
Schlafgewohnheiten wie bei Polarforschern
„Ihre Schlafgewohnheiten ähnelten denen von überwinternden Polarforschern“, sagte das deutsche Teammitglied Mathias Basner der Nachrichtenagentur dpa. Gründe seien vor allem schlechte Beleuchtung sowie Monotonie an Bord.
„Wir waren überrascht, wie unterschiedlich jeder einzelne auf die Simulation reagierte“, sagte Basner. Zwei Männer zeigten gar „kritische“ Veränderungen. „Ein Teilnehmer war nicht mehr mit dem 24-Stunden-Tag synchronisiert, sondern lebte fast einen 25-Stunden-Tag“, erzählte der an der Universität von Pennsylvania (USA) tätige Forscher.
„Ein anderer Mann schlief hingegen immer weniger, im Schnitt nur etwa 6,5 Stunden pro Tag, und zeigte als einziger starke Einbussen im Aufmerksamkeitstest.“
Muskelabbau und Herz-Kreislauf-Probleme
Im All sei Passivität besonders gefährlich, warnte Basner. „Hierdurch können der durch die Schwerelosigkeit bedingte Knochen- und Muskelabbau sowie die Veränderungen des Herz-Kreislauf-Systems noch verstärkt werden.“ Die Studie unterstreiche die Bedeutung einer richtigen Beleuchtung an Bord auf einer Weltraum-Mission.
Der 41-jährige gebürtige Gevelsberger (Nordrhein-Westfalen) bedauerte, dass bei dem „Mars500“-Experiment die Simulation etwa von Schwerelosigkeit und Strahlung nicht möglich war.
„Das stellt sicher eine Limitation der Studie dar. Solange uns im Orbit die Internationale Raumstation ISS zur Verfügung steht, sollten wir sie unbedingt zur Untersuchung der Langzeitfolgen von Isolation und Schwerelosigkeit auf den Menschen nutzen“, sagte Basner, der beim Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin DLR in Köln gearbeitet hat.
Der Deutsche Oliver Knickel, der 2009 in Moskau im selben Raumschiff-Nachbau für ein ähnliches Experiment 105 Tage lang mit fünf Männern isoliert war, bestätigte die Erkenntnisse der Studie.
„Wir haben damals – vermutlich aus Reizarmut und Zeitüberfluss – definitiv mehr geschlafen als sonst“, sagte Knickel der dpa in Moskau. „Manchmal war das die reinste Schlaf-Farm.“