Mit Kaufhausstürmungen und einer Flut von Onlinebestellungen hat das Weihnachtsgeschäft im US-Einzelhandel begonnen. Bereits vor dem inoffiziellen Start am «Black Friday» öffneten viele Geschäfte ihre Pforten und lockten die Kundschaft mit hohen Rabatten.
Immer mehr Warenhausketten läuten den Einkaufsrausch zum Jahresende bereits am vorangehenden Feiertag Thanksgiving ein, den die Amerikaner eigentlich traditionell zu Hause mit Truthahnessen und Footballschauen begehen. Doch in diesem Jahr ist der Druck in der Branche besonders gross: Die Shopping-Saison ist so kurz wie seit zehn Jahren nicht mehr, und die Verbraucher wollen Umfragen zufolge ihr Geld zusammenhalten.
Wegen des gedämpften Konsumklimas rechnen viele Experten mit einem nur mässigen Anstieg der Weihnachtserlöse. Als weiterer Grund wird angeführt, dass es diesmal nur relativ wenige herausragende Modeprodukte gebe, auf die die Kunden keinesfalls verzichten wollen.
Brian Yarbrough vom Analysehaus Edward Jones sagte für November und Dezember ein Umsatzplus von 2,8 Prozent voraus. Er ist damit deutlich pessimistischer als der US-Branchenverband, der von 3,9 Prozent ausgeht.
Der Freitag nach Thanksgiving bringt üblicherweise die höchsten Umsätze im Jahr. Viele Einzelhändler sehen sich daher gezwungen, bereits am Feiertag mit Billigangeboten die Trommel zu rühren.
«Das ist der Wahnsinn»
Doch nicht alle Amerikaner freuen sich darüber. Im Internet kursieren Petitionen, die dem Treiben ein Ende setzen sollen. Und auch manche Händler, denen das Erntedankfest als Familientag heilig ist, verweigern sich dem Trubel. Dass ihnen damit fette Geschäfte entgehen, ist noch nicht ausgemacht. «Diejenigen, die früher öffnen, wollen höhere Umsätze. Aber am Ende, glaube ich, wird der gesamte Kuchen nicht grösser», sagte Analyst Yarbrough.
Die Onlineumsätze an Thanksgiving lagen nach Schätzungen von IBM Digital Analytics Benchmark zwar um 11,5 Prozent über dem Vorjahreswert. Aber viele Schnäppchenjäger begnügten sich mit schmaler Beute. «Ich bin wegen eines Fernsehers hier, und das war’s für heute», sagte etwa der 20-jährige Ioannis Gomez.
Das Hauptgeschäft von Macy’s in New York war prall gefüllt. 500 Beschäftigte sollten den Kundenansturm bewältigen. Viele hatten den Schrecken in den Augen, als die Türen aufgingen und auf einen Schlag Tausende hereinströmten.
«Das ist der Wahnsinn», stöhnte eine Verkäuferin. «Wir sind für so etwas doch gar nicht ausgebildet.» Die 30-jährige Lehrerin Jill McCormack kam mit leeren Koffern aus Irland. «Alles, was ermässigt ist und ins Gepäck passt, werden wir kaufen», sagte sie. «Der Rest der Familie ist zum Abendessen ausgegangen. Sie halten uns für verrückt.»