Ägypten und die Vereinigten Arabischen Emirate haben US-Angaben zufolge in der vergangenen Woche Luftangriffe auf die libysche Hauptstadt Tripolis geflogen. Ziel seien bewaffnete islamistische Gruppen gewesen, sagten US-Regierungsvertreter am Montag. Die USA, Frankreich, Deutschland, Italien und Grossbritannien verurteilten in einer gemeinsamen Erklärung «Einmischungen von aussen» in Libyen.
Über die Luftangriffe hatte zuerst die US-Zeitung «New York Times» berichtet. Demnach stellten die Vereinigen Arabischen Emirate Kampfflugzeuge, Piloten und Kapazitäten zur Luftbetankung bereit.
Ägypten soll für die Aktion Flughäfen zur Verfügung gestellt haben. Am 18. August seien Stellungen und ein Waffenlager der Islamisten in Tripolis angegriffen worden, wobei sechs Menschen getötet seien. Weitere Angriffe am vergangenen Samstag hätten sich gegen Raketenwerfer, Fahrzeuge und Warenlager im Süden der Hauptstadt gerichtet.
«Die Vereinigten Arabischen Emirate haben die Angriffe ausgeführt», sagte ein ranghoher US-Regierungsvertreter der Nachrichtenagentur AFP. Ob die USA im Vorfeld über die Angriffe informiert worden waren, blieb unklar.
Die Emirate haben ihre Streitkräfte für viele Milliarden Dollar mit US-Material hochgerüstet. Die Islamisten in Libyen berichteten ebenfalls über die Luftangriffe. Dessen ungeachtet war es ihnen gelungen, den seit Monaten umkämpften Flughafen von Tripolis zu erobern.
Arabische Koalition gegen Islamisten
Ein Leitartikel der in den Emiraten erscheinenden Zeitung «al-Chaleedsch» befürwortete am Dienstag die Bildung einer arabischen Koalition gegen die «Epidemie» islamistisch-militanter Bewegungen. Die Regierung der Emirate hatte die Verantwortung für die Luftangriffe in Libyen bislang zurückgewiesen. Am Dienstag wollte sich Abu Dhabi auf Nachfrage nicht zu den Vorwürfen äussern.
Washington, Berlin, Paris, London und Rom verurteilten in einer gemeinsamen Erklärung «Einmischungen von aussen» in Libyen. Die fünf Länder beklagten die «Eskalation der Kämpfe und der Gewalt» in dem Land. Alle Konfliktparteien in Libyen müssten einem sofortigen Waffenstillstand zustimmen, hiess es weiter.
Das Land kommt seit dem Sturz des langjährigen Machthabers Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011 nicht zur Ruhe und ist in den vergangenen Monaten immer tiefer ins Chaos gerutscht. Verfeindete Milizen liefern sich immer wieder Kämpfe.
Die libysche Regierung verfügt nicht über eine nationale Armee, sondern bedient sich ehemaliger Rebellen-Gruppen. Deren Loyalität gilt jedoch oft mehr ihrer Region oder örtlichen Befehlshabern als der Regierung.
Ein Land, zwei Parlamente
Inmitten blutiger Kämpfe zwischen rivalisierenden Milizen ist in Libyen ein offener Machtkampf zwischen dem alten und dem neuen Parlament ausgebrochen.
Der seit rund drei Wochen abgelöste Nationalkongress hatte am Montag in Tripolis seine Arbeit einfach wieder aufgenommen und die Gründung einer «Regierung zur Rettung der Nation» beschlossen. Die herrschende Übergangsregierung um Ministerpräsident Abdullah al-Thinni erklärte der Kongress für abgesetzt.
Der Regierungschef erklärte die Sitzung des alten Parlaments hingegen für illegal. Das einzig rechtmässige Parlament sei das im Juni neu gewählte Abgeordnetenhaus, sagte al-Thinni am Dienstag.
Wegen der schwierigen Sicherheitslage in Tripolis tagt das neue Parlament in der ostlibyschen Stadt Tobruk. Im Gegensatz zum alten Parlament sind im neuen Abgeordnetenhaus die Islamisten in der Minderheit.
Al-Thinnis Haus angezündet
Am Montagabend zündeten Islamistische Milizen al-Thinnis Haus in Tripolis an. Nach Angaben der libyschen Regierung vom Dienstag griffen Kämpfer der islamistischen Koalition Fadschr Libia (Libysche Morgendämmerung) den Wohnsitz Al-Thinnis am Montagabend gezielt an.
Demnach attackierten die Extremisten auch Häuser weiterer «Minister, Beamter und Aktivisten der Zivilgesellschaft». Die Bewohner seien geflohen. Al-Thinni selbst befand sich zu dem Zeitpunkt laut Medien in Tobruk.
Bereits im April hatten Bewaffnete Al-Thinnis Familie attackiert. Er kündigte daraufhin seinen Rücktritt vom Amt als Regierungschef an. Al-Thinni wollte den Posten nur solange beibehalten, bis das im Juni neu gewählte Parlament einen Nachfolger bestimmt.