Die US-Regierung will kleine Drogendelikte künftig weniger hart bestrafen lassen. Richter sollen für die verschiedenen Drogendelikte nicht mehr pauschal Mindeststrafen verhängen, wenn es sich nicht um Gewaltverbrechen handelt und die Straftäter keine Verbindung zur organisierten Kriminalität haben.
Das kündigte Justizminister Eric Holder am Montag bei einer Rede vor dem Juristenverband American Bar Association in San Francisco an.
Holder plädierte ausserdem dafür, dass für ältere, nicht gewaltbereite Kriminelle, die einen Grossteil ihrer Strafe abgesessen haben und keine Gefahr mehr darstellen, eine vorzeitige Freilassung erleichtert wird.
Ziel der Reform ist es, die dauerhaft überfüllten Gefängnisse zu entlasten und Kosten einzusparen. Der Kongress muss den Vorschlägen teilweise zustimmen.
Gefängnisse sollten zwar bestrafen, abschrecken und resozialisieren, dürften aber nicht als «Lagerhalle» dienen und Kriminelle vergessen machen, sagte Holder.
Deshalb sollten die härtesten Strafen künftig für ernstzunehmende, hochrangige oder gewalttätige Drogenhändler vorbehalten werden – also vor allem für die Mitglieder von organisierten Gangs, grossen Kartelle sowie deren Zulieferer und Mithelfer.
Zudem sei es nicht hinnehmbar, dass schwarze Täter oft härter bestraft würden als weisse, sagte Holder. «Das ist nicht nur inakzeptabel, das ist beschämend.»
Arme härter bestraft
Bis 2010 stützten sich US-Strafverfolger im Kampf gegen Drogenhandel auf Gesetze aus den 1980er Jahren, die für den Besitz kleinerer Mengen Rauschgifts mehrere Jahre Haft vorsehen. So wurde der Besitz von fünf Gramm Crack mit mindestens fünf Jahren Gefängnis ohne Bewährung bestraft.
Das selbe Mindestmass galt für Menschen, die mit 500 Gramm Kokainpulver erwischt werden – ein Missverhältnis, dass die Zahl der Inhaftierten aus ärmeren Schichten nach Angaben von Strafverfolgern erhöhte. Die Droge Crack ist in ärmeren Teilen der Bevölkerung verbreitet, während Kokain eher als Rauschmittel der Reichen sowie von vielen Stars und Prominenten gilt.
Teufelskreis
«Ein Teufelskreis von Armut, Kriminalität und Inhaftierung hält zu viele Amerikaner gefangen und schwächt zu viele Gemeinden», sagte Holder. «Zu viele Amerikaner sitzen in zu vielen Gefängnissen für eine zu lange Zeit und ohne guten Grund ein.»
Im Jahr 2010 kosteten US-Gefängnisse nach Angaben des Justizministeriums rund 80 Milliarden Dollar. Mit 716 Insassen pro 100’000 Einwohnern haben die USA die höchste Inhaftierten-Rate der Welt.
In Russland kommen auf dieselbe Einwohnerzahl 479 Insassen, wie es in einer Statistik des Internationalen Zentrums für Gefängnisstudien ICPS heisst. Insgesamt sassen im Jahr 2011 mehr als 2,2 Millionen Menschen in staatlichen und lokalen Gefängnissen sowie in Haftanstalten der 50 US-Bundesstaaten hinter Gittern.
Wegen des bisher strikten Umgangs mit Kleinkriminellen sind die Anstalten hoffnungslos überfüllt: Während die US-Bevölkerung seit 1980 um ein Drittel wuchs, stieg die Zahl der Häftlinge im gleichen Zeitraum um fast 800 Prozent. Immer enger müssen die Insassen zusammenrücken.
Staatliche Gefängnisse sind um bald 40 Prozent überlastet. Fast die Hälfte der dort Inhaftierten sitzt wegen Drogendelikten ein.