Nach 40 Jahren in der Wildnis sind in Vietnam nach Behördenangaben ein Vater und sein Sohn im Wald entdeckt worden. Der 82-Jährige und sein etwa 40 Jahre alter Sohn sind kaum in der Lage mit anderem Menschen zu kommunizieren.
Der Vater könne sich in der Sprache der Minderheit der Cor etwas verständlich machen, sagte ein Behördensprecher in der Provinz Quang Ngai in Zentralvietnam am Donnerstag. Der Sohn spreche nur wenige Worte.
Ho Van Thanh sei während des Vietnamkriegs 1972 mit seinem Sohn in den Wald geflohen, nachdem eine Explosion sein Haus zerstörte und seine Frau und zwei weitere Kinder in den Tod riss, berichtete die Zeitung «Dan Tri». Nachprüfen lässt sich das zunächst nicht, aber die Einwohner des Dorfes Tra Kem haben keinen Zweifel, dass Ho Van Than und sein Sohn Lang die seit 1973 vermissten Mitbewohner sind.
Der Jüngere, der umringt von Dorfbewohnern auf einer Lichtung in der Provinz Quang Ngai in Zentralvietnam auf einem Foto zu sehen ist, sei Lang, berichtet Distriktvorsteher Hoang Anh Ngoc am Mittwoch.
Lendenschurz aus Baumrinde
Lang macht auf den Bildern einen verschreckten Eindruck. Barfuss, dürr, mit verfilzten Haaren und nur einem Lendenschurz aus Baumrinde bekleidet steht er da. «Wir mussten ihn festhalten, sonst wäre er weggerannt», sagt Ngoc.
«Keiner hier im Dorf hat es für möglich gehalten, dass Thanh und Lang 40 Jahre in Isolation und unter so harten Bedingungen überleben konnten», sagt Ho Van Tam, ein Neffe, der Nachrichtenagentur dpa.
Keine 24 Stunden nach seinem ersten Kontakt mit der Zivilisation sei Lang am Donnerstag erstmal bei einem anderen Neffen untergekommen, Ho Van Bien. Langs Vater ist 82. Dem alten Mann gehe es nicht gut, sagt der Lokalreporter. Er wurde ins Spital gebracht.
«Er will nicht essen und nicht trinken, er macht einen sehr traurigen Eindruck», erzählt Bien. Im Dorf heissen alle Einwohner Ho – zu Ehren des Revolutionärs und einstigen kommunistischen Präsidenten Vietnams, Ho Chi Minh.
Sammler und Jäger
Vater Tanh und sein Sohn Lang haben vermutlich von Waldfrüchten gelebt und gejagt. Darauf deuten die primitiven Werkzeuge hin, die sie nach Angaben der Dorfbewohner in ihrem Baumhaus in fünf Metern Höhe hatten: Eine Art Steinaxt, und grobe Messer, deren Klingen sie wahrscheinlich aus Bombenfragmenten bastelten.
Die beiden legten Wert auf ihr Äusseres: Sie hatten Halsketten aus Aluminium und einen Kamm, der aussieht wie ein Kieferknochen mit spitzen Zahnresten.
Tra Kem ist ein abgelegenes Dorf in den Bergen, 90 Kilometer von der nächsten grösseren Ortschaft entfernt. In der Umgebung leben rund 4000 Menschen, die meisten laut Statistik in äusserst ärmlichen Verhältnissen. Die Cor sind ein Bergvolk, eine ethnische Minderheit, von etwa 30’000 Menschen. Sie bauen Maniok und Zimt an.