Das Bezirksgericht Weinfelden TG hat den Witwer der Frau, die Anfang 2015 in Flaach ZH die beiden gemeinsamen Kinder und später sich selbst getötet hatte, wegen Betrugs und anderer Delikte verurteilt. Nun wolle er ein neues Leben beginnen, erklärte er am Dienstag.
Seit der Verhaftung des Paars am 4. November 2014 sitzt der Beschuldigte in Haft, mittlerweile im vorzeitigen Strafvollzug. Im Gefängnis wird er vorderhand auch bleiben: Das Gericht verurteilte ihn im abgekürzten Verfahren zu 42 Monaten Freiheitsentzug und einer Busse von 1200 Franken. Zudem hat der Mann eine frühere bedingt ausgesprochene Geldstrafe nun zu zahlen.
Der 30-jährige Schweizer anerkannte sämtliche Anschuldigungen der Staatsanwaltschaft: Gewerbsmässiger Betrug, mehrfache Urkundenfälschung, mehrfache Zechprellerei und weitere Delikte. Anklage und Verteidigung waren sich auch über den Strafantrag einig.
In der Befragung gab der Beschuldigte Einblick in die Hintergründe der Vorgänge, die in der tödlichen Tragödie gipfelten. Der gelernte Verkäufer fühlte sich von seiner Frau immer stärker unter Druck gesetzt. Die später von der Gerichtspsychiatrie diagnostizierte Persönlichkeitsstörung der jungen Frau – namentlich deren instabiler Realitätsbezug – habe zunehmend auch auf ihn übergegriffen.
In seinem Job habe er nicht genug verdient, um die hochgesteckten Wünsche der Frau zu befriedigen. Sie habe ihm gedroht, er sehe seine Kinder nie wieder, wenn er ihr nicht den verlangten hohen Standard ermögliche.
In einen Strudel gezogen
Auch Weiterbildungen und Beförderungen hätten in der Detailshandelsbranche nicht genügend Einkommen gebracht. «Es entstand ein Strudel», erklärte der Beschuldigte. So griff er schliesslich zum lukrativen Internetbetrug: Er inserierte Waren auf diversen Plattformen, kassierte Vorauszahlungen, lieferte aber nicht.
Dazu kamen etwa nicht-bezahlte Autos, mit gefälschten Dokumenten ergatterte schicke Wohnungen, für welche die Mieten niemals aufgebracht werden konnten. Die Familie zog immer wieder um, ohne die Mietschulden zu begleichen. Und zweimal logierte das Paar mit den beiden Kleinkindern in noblen Hotelsuiten. Bezahlt wurde auch hier nicht.
Froh um Verhaftung
Als das Paar in Flaach ZH verhaftet wurde, brach das Kartenhaus zusammen. «Ich war froh um den 4. November», sagte der Beschuldigte. Damals sei ein Punkt gesetzt worden. Er habe sich gewünscht, die Chance zu nutzen «zum Aufwachen», für einen neuen Anfang, eine Wende im Leben.
Seine Frau habe aber andere Pläne gehabt. Kurz nach ihrer Entlassung aus der Untersuchungshaft habe sie ihn mit einem anderen Mann betrogen, sagte er. Und später «schritt sie zur monströsen Tat».
Die Kinder waren nach der Verhaftung von der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) in einem Heim platziert worden. Auch nachdem die Frau aus der Untersuchungshaft entlassen worden sei – er habe alle Schuld auf sich genommen, sagte der Beschuldigte – sollten sie im Heim bleiben, bis alle Umstände geklärt und alles geregelt war.
Kesb trifft keine Schuld
Die Festtage durften die Kinder aber bei der Mutter verbringen. Anstatt sie in den ersten Tagen 2015 zurück zu bringen, erstickte die Frau das zweijährige Töchterchen und den fünfjährigen Sohn am Neujahrstag. Monate später tötete sie sich selbst in der Untersuchungshaft.
Lautstark wurde von verschiedenen Kreisen die Kesb als Schuldige angeprangert. Dem widersprach am Dienstag der Witwer und Vater der getöteten Kinder: «Die Kesb und andere Behörden trifft keine Schuld», betonte er in seinem Schlusswort.
Er habe eine neue Lebensqualität entdeckt, nachdem er alles verloren hatte. Er wolle – wie früher – ein untadeliges Leben führen, und er habe «die Motivation, um vorwärts zu gehen». Er bereue seine Taten zutiefst. Bei den Geschädigten entschuldigte er sich und versprach, alles zu tun, um ihr Geld zurückzuerstatten.