Gundeli-Bloggerin Daniela Gschweng hat sich vier Wochen nur vegan ernährt. In der vierten Episode zieht sie ein Resümee und entscheidet, ob sie nun Veganerin bleibt.
Mein veganer Zeitversuch ist fast beendet. Vier Wochen lang bin ich zwischen Kühlregalen herumgeirrt, habe Inhaltslisten und Nährwertangaben studiert, Posts in Internetforen gelesen und Rezepte ausprobiert. Zeit für ein Resümee und ein paar Hintergründe zu Dingen, die ich oft gefragt wurde.
Die häufigste Frage war: «Ist vegan jetzt gesünder?» Um es kurz zu machen: nicht zwangsläufig. Wer vegan lebt, macht sich vielleicht mehr Gedanken darüber, was er isst. Das muss er aber nicht. Eine Diät aus Kaffee, Süssigkeiten, Chips, Fertigprodukten und Bier ist auch für Veganer problemlos machbar.
Eigentlich wissen wir genau wie wir essen sollten: Weniger Fett, weniger Zucker, weniger leere Kohlehydrate, mehr Obst und Gemüse. Frisch, saisonal, unbelastet und möglichst wenig verarbeitet. Zu veganen Fleisch- und Wurstersatzprodukten habe ich mich deshalb nur sparsam geäussert, obwohl sie haufenweise in den Regalen liegen. Produkte wie «Hobbitwurst» und «Elfentofu» möchte ich auch gar nicht bewerten. Die vegane Zielgruppe sorgt schliesslich zuverlässig für Umsatz. Sehr witzig fand ich diesen Versuch über vegane Currywurst, der in den sozialen Netzwerken kursiert.
War da nicht was mit Soja?
Soja enthält Isoflavone, das sind sekundäre Pflanzenwirkstoffe, die zu den Phytoöstrogenen zählen. Das heisst, sie wirken im Körper leicht hormonähnlich. Ob das schädlich ist, darüber gehen die Meinungen weit auseinander. Die Gesundheitsämter in Deutschland und der Schweiz halten den Verzehr von Sojaprodukten für Erwachsene für unbedenklich, soweit er ein normales Mass nicht übersteigt, bei Babys und Kleinkindern raten sie vom Konsum ab. Es geht also um Grenzwerte, und da bin ich im Zusammenhang mit «hormonähnlich» eher vorsichtig. Auch Sojaallergien gibt es immer häufiger. Andererseits, das muss man auch sagen, werden in asiatischen Kulturen teilweise grosse Mengen Sojaprodukte gegessen – ohne negative Folgen. Was Sojaprodukte betrifft, habe ich deshalb versucht Alternativen zu berücksichtigen, die kein Soja enthalten.
Verursacht vegane Ernährung Mangelerscheinungen ?
Sei es der gut gemeinte Rat einer Verkäuferin «so was» doch lieber bleiben zu lassen, oder die Bemerkung eines Bekannten, vegane Ernährung wäre «schon kritisch», als Veganer muss man sich anscheinend grosse Mühe geben, Mangelerscheinungen zu vermeiden. Das betrifft vor allem den Eiweiss- und Kalziumversorgung. Stimmt das?
Jein. Es gibt sehr viele Nahrungsmittel, die Eiweiss enthalten: Nüsse, Kerne, Tofu, Hülsenfrüchte, sogar Reis und Kartoffeln. Das Kalziumangebot für Veganer ist etwas geringer als das von Vegetariern und Allesessern, reicht aber aus. Kein grosses Problem, wenn man sich ab und an Gedanken über seinen Speiseplan macht. Für diejenigen, die den Verzehr von Hülsenfrüchten nicht gewohnt sind an dieser Stelle ein kleiner Tipp: wegen der bekannten Nebenwirkungen von Böhnchen und Co. langsam damit anfangen, vorher einweichen und das Einweichwasser wegleeren.
Ausschliesslich in Tierprodukten findet sich das Vitamin B12, das man in sehr geringen Mengen benötigt. Einigen veganen Produkten, die ich gegessen habe, ist deshalb B12 zugesetzt.
Die ideologische Seite
Bei meinem Versuch ging es darum, wie vegane Ernährung praktisch funktioniert. Möglichst herausgehalten habe ich mich aus ideologischen Diskussionen, wobei natürlich ein paar Themen verloren gingen. Teilweise erschreckt hat mich die Ausdrucksweise in den Foren, aus denen ich auch viele interessierte und hilfreiche Rückmeldungen bekommen habe. Da war beispielsweise die Rede von «verbrannten Leichenteilen» und «eitrigem Kuheutersekret», was übrigens Unsinn ist. Ich habe zur Sicherheit bei einer Tierärztin nachgefragt: Milch ist nicht eitrig, nicht mal in Ausnahmefällen.
Unterm Strich: As Vegan as Possible
Der Versuch hat Spass gemacht und zu Anfang fühlte ich mich tatsächlich wacher und fitter. Ob das am Essen liegt, ist für einen so kurzen Zeitraum unmöglich zu sagen. Auf einige Dinge musste ich zwar verzichten, unterm Strich habe ich aber genauso viele dazugewonnen. Abgenommen habe ich nicht.
Spannend fand ich die Auseinandersetzung mit meiner Ernährung. Vor allem die Experimente zum Brotbelag haben meinen Speiseplan sehr bereichert, wirklich gefehlt hat mir Käse. Ganz darauf verzichten will ich auf Dauer eher nicht, in wenigen Fällen gilt das auch für Eier. Und, zugegeben, für Glace – da ist der Impuls einfach stärker. Seltsamerweise gar nicht gefehlt hat mir Schokolade.
Aus mir wird wohl vorerst eine Art nachlässiger Veganer oder neudeutsch ein «AVAP» (As Vegan as Possible) werden. Schon deshalb, weil das Angebot im öffentlichen Raum noch nicht so gross ist, dass man sich ohne grosse Umstände vegan ernähren kann.