Die Investmentgruppe Renova des russischen Milliardärs Viktor Vekselberg hat weitere Sulzer-Aktien gekauft. Weil damit ihr Anteil am Winterthurer Industriekonzern auf über einen Drittel gestiegen ist, lanciert sie ein Pflichtangebot an alle Sulzer-Aktionäre.
Renova ist aber laut der Mitteilung nicht an einer vollständigen Übernahme von Sulzer interessiert: Die Aktienmehrheit solle in den Händen von unabhängigen Aktionären bleiben.
Der Angebotspreis beträgt denn auch nur 99,20 Franken. Er entspricht dem Schlusskurs der Sulzer-Aktie vom Freitag und zugleich dem börsenrechtlichen Mindestpreis. Das Angebot enthält also keine Prämie. Der Anreiz für die Aktionäre, ihre Anteile zu verkaufen und Kasse zu machen, ist damit beschränkt.
Keine Privatisierung
Gleichzeitig hält die Investmentgruppe explizit fest, dass sie keine Absichten habe, Sulzer zu privatisieren. Das Pflichtangebot sei so ausgestaltet, «dass die bisherigen Mehrheitsverhältnisse nicht erheblich in Frage gestellt werden», schreibt Renova.
Mit dem Pflichtangebot bekenne sich Renova zu ihrem langfristigen Engagement bei Sulzer und zur aktuellen strategischen Ausrichtung des Unternehmens. Man unterstütze auch die im Februar kommunizierte Absicht, die Kapitalstruktur zu optimieren und überschüssige Liquidität an die Aktionäre zurückzuführen.
Einige Analysten empfahlen den Aktionären bereits, das Angebot abzulehnen. So geht etwa der Vontobel-Experte davon aus, dass die Offerte den Weg für Aktienrückkäufe frei machen soll, wovon die Aktionäre profitieren würden. Die Meldung sei für die Aktionäre also «Good News» und Sulzer stehe für ein Aktienrückkaufprogramm Cash von netto rund 800 Millionen Franken zur Verfügung.
Andere Händler wiesen darauf hin, mit Renovas Pflichtangebot sei der Kurs für die Dauer des Angebots nach unten abgesichert. Zudem könne Vekselberg künftig seine Beteiligung weiter ausbauen. Der Sulzer-Aktie verhalfen die Neuigkeiten zu einem Kurssprung: Die Papiere notierten um 11 Uhr bei 103,90 Franken, ein Plus von 4,7 Prozent.
33,36 Prozent
Renova ist seit 2007 an Sulzer beteiligt. Bis Ende Juli hielt die Investmentgruppe 33,2 Prozent. Durch den Kauf weiterer Anteile erreichte Renovas Tochtergesellschaft Tiwel Holding dann aber 33,36 Prozent. Damit hat sie die Schwelle von einem Drittel überschritten. Das bedeutet, dass sie allen anderen Sulzer-Aktionären ein Angebot für den Kauf von deren Aktien unterbreiten muss.
Der Sulzer-Verwaltungsrat will dieses Kaufangebot prüfen, wie der Industriekonzern mitteilte. Er hat zu diesem Zweck den sogenannten «unabhängigen Ausschuss» gegründet, dem alle Verwaltungsräte angehören mit Ausnahme der beiden Renova-Vertreter.
Sulzer hat letzte Woche deutlich rückläufige Geschäftszahlen für das erste Halbjahr publiziert. Die Widrigkeiten auf dem Öl- und Gasmarkt setzten dem Industriekonzern zu. Aufgeschobene Bestellungen und Restrukturierungskosten liessen den Betriebsgewinn einbrechen.
Unter dem Strich verdiente Sulzer kaum noch halb so viel wie vor Jahresfrist, den Erlös aus dem Verkauf der Oberflächenbeschichtungssparte Metco im Vorjahr nicht eingerechnet. Die Prognose für das Gesamtjahr korrigierte Sulzer nach unten.