Die Venezolaner haben die Weichen gestellt für die Zeit nach Hugo Chávez. Knapp sechs Wochen nach dem Tod des «Comandante» wählte das Volk am Sonntag ein neues Staatsoberhaupt. Für die Regierung trat der Wunschnachfolger von Chávez, Interimspräsident Nicolás Maduro (50), an.
Die Opposition schickte erneut den Gouverneur von Miranda, Henrique Capriles Radonski (40), ins Rennen. In Umfragen klar in Führung lag der frühere Aussenminister Maduro, den Chavez noch vor seinem Tod Anfang März zu seinem Wunschnachfolger erklärt hatte.
Der linke Präsident Chávez war am 5. März nach rund nach 14 Jahren an der Macht nach langer Krebskrankheit gestorben. Chávez stand zwar nicht mehr auf der Kandidatenliste, aber er schien omnipräsent.
Hohe Wahlbeteiligung erwartet
Sowohl Maduro als auch Capriles versicherten, sie wollten die Entscheidung der Wähler akzeptieren. Der 50 Jahre alte Ex-Aussenminister Maduro versicherte am Samstag in Caracas: «Wenn ich gewinne, … werde ich das befolgen. Wenn ich verliere, werde ich mich mit der gleichen Demut und den Werten von Chávez danach richten. Frieden und Respekt vor der Demokratie.»
Er rechnete mit einer hohen Wahlbeteiligung. Bei der vorangegangenen Präsidentschaftswahl am 7. Oktober 2012 hatten mehr als 80 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben.
Der bürgerliche Kandidat und praktizierende Katholik Capriles besuchte am Samstag eine Marien-Basilika. Auch er betonte, dass er das Ergebnis respektieren werde. Capriles war im Oktober 2012 gegen Chávez angetreten und hatte mit 44 Prozent ein Achtungsergebnis erzielt.
Der Anwalt musste sich aber Chávez geschlagen geben, der auf rund 55 Prozent der Stimmen kam. Im Falle eines Wahlsieges will Capriles den sozialistischen Kurs Venezuelas beenden und einen politischen und wirtschaftlichen Neuanfang für das Erdölland einleiten.
Schmutziger Wahlkampf
Der Wahlkampf war geprägt von schrillen Tönen und Unterstellungen. Regierung und Opposition warfen sich gegenseitig vor, den politischen Gegner mit schmutzigen Tricks zu diskreditieren. Beide Lager forderten ihre Anhänger auf, früh an die Urnen zu gehen und vor Wahlbetrug auf der Hut zu sein.
Mehr als 140 000 Nationalgardisten und Soldaten waren landesweit im Einsatz, um die Wahl zu sichern. Die ersten Wähler versammelten sich schon gegen 04.00 Uhr morgens (Ortszeit – 10.30 Uhr MESZ), also zwei Stunden vor Öffnung der Wahllokale, zur Abstimmung.
Wegen des tiefen Misstrauens der rivalisierenden Gruppen könnte ein knapper Ausgang oder der Verdacht auf Unregelmässigkeiten zu Unruhen in dem lateinamerikanischen Land führen. Die Wahllokale sollten um 18.00 Uhr Ortszeit (00.30 Uhr Montag, MESZ) schliessen.