Venezuela trauert um Chávez

Einen Tag nach dem Tod des venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez ist dessen Leichnam in der Militärakademie von Caracas aufgebahrt worden. Hunderttausende Menschen hatten zuvor die Strassen gesäumt, während der Leichenwagen im Schritttempo durch die Stadt fuhr. Chávez soll am Freitag in einem Staatsbegräbnis beigesetzt werden.

Bodyguards laden den Sarg von Chavez bei der Militärakademie ab (Bild: sda)

Einen Tag nach dem Tod des venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez ist dessen Leichnam in der Militärakademie von Caracas aufgebahrt worden. Hunderttausende Menschen hatten zuvor die Strassen gesäumt, während der Leichenwagen im Schritttempo durch die Stadt fuhr. Chávez soll am Freitag in einem Staatsbegräbnis beigesetzt werden.

Nach einem siebenstündigen Trauerzug durch die Hauptstadt erreichte der Sarg mit den sterblichen Überresten des Staatschefs am Mittwochnachmittag schliesslich die Akademie. Dort wird der am Dienstag seinem Krebsleiden erlegene 58-jährige Chávez zwei Tage im offenen Sarg aufgebahrt.

Am kommenden Freitag wird er in einem Staatsbegräbnis beigesetzt. Zur Trauerfeier werden zahlreiche Staatsgäste erwartet, vor allem aus befreundeten lateinamerikanischen Staaten, in denen der Linkspopulist in seiner 14-jährigen Amtszeit zahlreiche Anhänger mobilisierte.

Chávez war am Dienstag in einem Militärspital in Caracas gestorben. Sein Stellvertreter Nicolás Maduro gab den Tod der venezolanischen Öffentlichkeit bekannt. Chávez starb demnach um 16.25 Uhr Ortszeit (21.55 Uhr MEZ).

Der Sozialist Chávez hatte Venezuela 14 Jahre Jahre lang regiert. Mit seiner Politik der Umverteilung und Verstaatlichung gewann der «Comandante» im ölreichen Land den Rückhalt unter den Armen in der Bevölkerung. Kritiker warfen Chávez dagegen diktatorische Züge vor. Ausserdem habe er den Ölreichtum des Landes für unproduktive Sozialmassnahmen verschleudert.

Neuwahlen innert 30 Tagen

Vizepräsident Maduro übernahm nach dem Tod Chávez‘ das Amt des Interimsstaatschefs. Innert 30 Tagen soll es Neuwahlen geben. «Wir werden würdige Erben eines Giganten sein», sagte Maduro, der von Chávez als Nachfolger auserkoren worden war.

Oppositionsführer Henrique Capriles rief das Land zur «Einheit» auf. «In diesen schwierigen Augenblicken müssen wir unsere tiefe Liebe und unseren Respekt für unser Venezuela beweisen», erklärte Capriles. Jetzt sei «nicht die Zeit für Differenzen», betonte er.

Er und Chávez seien zwar «Gegner aber niemals Feinde» gewesen. Capriles war im Oktober bei der Präsidentenwahl Amtsinhaber Chávez unterlegen. Es wird damit gerechnet, dass er auch bei der Neuwahl wieder antritt.

Bestürzung und Betroffenheit

Zur Trauerfeier für Chávez werden zahlreiche Staatsgäste erwartet, vor allem aus befreundeten lateinamerikanischen Staaten, in denen der Linkspopulist in seiner 14-jährigen Amtszeit zahlreiche Anhänger mobilisierte.

Kuba verkündete ebenfalls eine dreitägige Staatstrauer. Die Regierung in Havanna bezeichnete Chávez als einen «wahren Sohn» des kubanischen Revolutionsführers Fidel Castro.

Die brasilianische Präsidentin Dilma Rousseff würdigte Chávez als «grossen Lateinamerikaner». Ecuadors Präsident Rafael Correa sagte, Chávez‘ Tod sei ein «irreparabler Verlust» für Lateinamerika. Boliviens Staatschef Evo Morales erklärte, «der Befreiungsprozess des venezolanischen Volks und aller lateinamerikanischen Völker muss weitergehen».

USA hoffen auf Neustart

US-Präsident Barack Obama rief zu «konstruktiven Beziehungen» auf. «Die Vereinigten Staaten setzen sich weiter für eine Politik ein, die demokratische Prinzipien, den Rechtsstaat und die Achtung von Menschenrechten fördert», erklärte Obama.

Den Tod Chávez‘ nannte er eine «Zeit der Herausforderung». Das Verhältnis zwischen Washington und Caracas war unter Chávez sehr angespannt. Chávez unterhielt enge Beziehungen zu Gegnern der USA, wie dem Iran und Kuba.

 

Nach Chávez‘ Tod

Der Tod des venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez, sein Vermächtnis und die Zukunft des Landes beschäftigen die Medien rund um die Welt. Eine Auswahl lesenswerter Analysen finden sich hier:

Niemand überstrahlt mehr Venezuelas Probleme – Die deutsche «Zeit» traut Chávez-Nachfolger Nicolás Maduro eine Annäherung an die USA zu, prophezeit aber innenpolitische Konflikte.

Sozialist und Showman – Die linke «taz» würdigt in ihrem Nachruf Chávez‘ Einfluss auf die Entwicklung Lateinamerikas. «Selbst seine ärgsten politischen Gegner mussten zugestehen, dass er die soziale Frage unwiderruflich auf die Agenda gesetzt hat», schreibt das Berliner Blatt.

How did Venezuela change under Hugo Chávez? – Der britische «Guardian» zieht eine Bilanz der Regierungszeit Chávez‘ in Zahlen. 

The Twisted Economics of Twenty-First-Century Socialism – Auch das traditionsreiche US-Magazin «Foreign Affairs» bewertet Chávez‘ Leistung in einer Grafik – und kommt zum Schluss: Chávez habe zwar proklamiert, den Kapitalismus pulverisieren zu wollen. Tatsächlich explodierten unter ihm die Kurse am Aktienmarkt, aber die Löhne im Land sanken.

An era of grand political illusion comes to an end – Als desaströs beurteilt der britische «Independent» in einem Editorial die Entwicklung im Land unter Hugo Chávez. Der verstorbene Präsident hinterlasse ein von Armut, Gewalt und Kriminalität verkrüppeltes Venezuela.

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