Der Skandal beim Leichtathletik-Verband weitet sich aus: Immer neue Details tauchen aus Ermittlungsakten auf – nun ist auch Nick Davies, die rechte Hand von IAAF-Präsident Sebastian Coe involviert.
Der Sumpf im Leichtathletik-Weltverband weitet sich bis ins nächste Umfeld des neuen IAAF-Präsidenten Sebastian Coe aus. Der langjährige Kommunikationsdirektor der IAAF und heutige Büroleiter des britischen Spitzenfunktionärs, Nick Davies, hat sein Amt niedergelegt. Eine E-Mail von Davies an den Sohn von Coes Vorgänger Lamine Diack, Papa Massata Diack, legt nahe, dass vor den Weltmeisterschaften 2013 in Moskau die Veröffentlichung der Namen russischer Dopingsünder verzögert werden sollte.
Die französische Zeitung «Le Monde» und der britische Sender BBC haben die brisanten Details aus französischen Ermittlungsakten veröffentlicht. Demnach wollte man beim Weltverband vermeiden, dass überführte russische Athleten kurz vor der Heim-WM auffliegen. Man könne den Schaden «minimieren», so Davies in der Mail, «indem wir einfach warten, bis die WM vorbei ist, und die Namen dann verkünden».
Davies will nun sein Amt ruhen lassen, «bis die Ethikkommission den Fall angemessen überprüfen und entscheiden kann, ob ich für einen Verstoss des IAAF-Ethikcodes verantwortlich bin». Ein Fehlverhalten stritt Coes Landsmann in einer Stellungnahme ab. Er habe nur «Ideen» ausgetauscht. Der Brite war nach der Wahl Coes im August in Peking zu dessen Bürochef aufgestiegen.
Papa Massata Diack hat eine Beratungsfirma in Dakar und arbeitete in der Amtszeit seines Vaters als Marketingberater offiziell für die IAAF. Dabei vermittelte er dem Verband auch Sponsoren. Sein Vater Lamine Diack soll in seiner Amtszeit mehr als eine Million Euro für die Vertuschung positiver Doping-Proben kassiert haben. Gegen den 82-Jährigen aus dem Senegal wurde von der französischen Justiz Anklage wegen Bestechlichkeit und Geldwäsche erhoben.
Die neuen Veröffentlichungen lassen auch die Hoffnungen schwinden, dass die IAAF zu einem baldigen Neuanfang findet. Coe entpuppte sich bisher nicht als grosser Aufräumer. Jetzt hat der Skandal sein Büro erreicht.
Die Weltdopingagentur WADA wirft Russland systematisches Doping vor. Das IAAF-Council hatte die Gesamtrussische Leichtathletik-Föderation (WFLA) am 13. November vorläufig aus dem Weltverband ausgeschlossen. Moskau darf bis auf Weiteres keine Sportler zu internationalen Veranstaltungen schicken.
Nach einem Bericht von «Le Monde» in der vergangenen Woche hat Lamine Diack französischen Ermittlern gegenüber zugegeben, bei russischen Dopingfällen beide Augen «zugedrückt» und dafür finanzielle Gegenleistungen bekommen zu haben. Er behauptete dem Bericht nach sogar, das Schmiergeld sei direkt von der russischen Regierung gekommen. Diacks Sohn wies in der BBC alle neuen Anschuldigungen «vollständig zurück».