Das zweitägige Verfassungsreferendum in Ägypten ist zu Ende gegangen. Die Wahllokale schlossen am Mittwochabend wie geplant um 20 Uhr (MEZ).
Von neuer tödlicher Gewalt am Rande des Votums wurde nichts bekannt. Bewaffnete stürmten am frühen Morgen ein Wahllokal südlich von Kairo, schossen in die Luft und zogen sich wieder zurück. Am Vortag waren bei Zusammenstössen zwischen Islamisten, die die Abstimmung boykottieren, und Sicherheitskräften elf Menschen ums Leben gekommen.
Der Verfassungsentwurf schreibt zum einen die Vorrechte des Militärs fest. Er garantiert – zumindest auf dem Papier – aber auch die Bürger- und Freiheitsrechte und drängt den Einfluss der Religion zurück, den die vorangegangene, von den Islamisten durchgesetzte Verfassung gewährleistet hatte.
Die glatte Annahme des Verfassungsentwurfs durch eine Mehrheit der Wähler scheint sicher. Viele Ägypter erhoffen sich von der Annahme des Grundgesetzes stabilere Verhältnisse im Land ohne weitere Umbrüche und politische Unruhen.
Keine Teilergebnisse
Ergebnisse will die Wahlkommission innerhalb von drei Tagen verkünden. Die Veröffentlichung von inoffiziellen Teilergebnissen verstösst ihrer Ansicht nach gegen das Gesetz. Die verfeindeten politischen Lager reklamierten aber bereits nach dem ersten Tag jeweils Erfolge für sich.
Die Unterstützer des im Vorjahr entmachteten Präsidenten Mohammed Mursi erklärten, ein Grossteil der Bevölkerung sei ihrem Aufruf zum Boykott der Abstimmung gefolgt. Die Islamisten riefen ihre Anhänger zu Protestaktionen auf. Die Behörden nahmen nach eigenen Angaben mehr als 250 Demonstranten fest.
Die Anhänger des Militärchefs Abdel Fattah al-Sisi behaupteten ihrerseits, die Wahlbeteiligung sei schon am ersten Tag der Abstimmung so hoch gewesen wie bei keiner Wahl seit dem Sturz von Präsident Husni Mubarak vor drei Jahren. Eine hohe Beteiligung könnte Al-Sisi dazu bewegen, bei den nächsten Präsidentschaftswahlen als Kandidat anzutreten.
«Klima der Einschüchterung»
Gegner des Verfassungsentwurfs beklagten ein Klima der Einschüchterung. Der Vorsitzende der gemässigt-islamischen Partei Starkes Ägypten, Abdel Moneim Abul Futuh, sagte der Nachrichtenagentur dpa: «Die Abstimmung fand in einer undemokratischen Atmosphäre statt. Menschenrechte wurden nicht respektiert.»
Abul Futuh erwähnte, dass Aktivisten seiner Partei beim Verteilen von «Nein»-Flugzetteln verhaftet wurden. Auch sei es ihm nicht möglich gewesen, Säle für eigene Veranstaltungen anzumieten, weil die Besitzer Angst vor Repressionen hatten.