Vergesst Labels, vertraut euren Sinnen

Labels sagen wenig darüber aus, ob ein Produkt nachhaltig hergestellt ist. Entscheidender ist der Kontakt zum Produzenten. Ein Plädoyer für mehr Nähe zur Lebensmittelproduktion. Im Zeitalter von Energydrinks und Schinkenimitaten wird es immer schwieriger, sich zu orientieren, welche Lebensmittel gesund und nachhaltig sind. Selbst bei gewissen Biolabels ist nicht garantiert, dass die Produkte ökologisch produziert […]

Eine von wenigen Direktverkauf-Situationen in Basel: Gemüsestand in der Markthalle.

Labels sagen wenig darüber aus, ob ein Produkt nachhaltig hergestellt ist. Entscheidender ist der Kontakt zum Produzenten. Ein Plädoyer für mehr Nähe zur Lebensmittelproduktion.

Im Zeitalter von Energydrinks und Schinkenimitaten wird es immer schwieriger, sich zu orientieren, welche Lebensmittel gesund und nachhaltig sind. Selbst bei gewissen Biolabels ist nicht garantiert, dass die Produkte ökologisch produziert sind. Sind Bio-Spargel aus Peru besser als nicht biologischer Spargel aus dem Badischen? Oder hat das aus Ungarn angekarrte Stengelgemüse die beste Ökobilanz?

Es gibt Studien, die diese Fragen beantworten. Lesen muss man die Studien nicht alle. Manchmal genügt es, der eigenen Intuition zu folgen. Also: Schmeissen wir alle Labels über Bord und vertrauen wir unseren Sinnen.

Das beste Betätigungsfeld ist dabei der Markt. Am Stand einer Gemüsebäuerin oder eines Bierbrauers erhalten wir das gewisse Extra. Nicht in Form einer kleinen Zugabe, sondern in Form von Beziehung. Die Leute, die verkaufen, stehen für ihre Produkte. Diese werden nicht anonym in einer Schlacht- oder Lagerhalle abgefüllt, sondern von einem Gegenüber produziert, das über die eigenen Ansprüche und Wünsche Auskunft geben kann. Diese Nähe ist mehr Wert als jedes Zertifikat.

Einkaufen auf dem Markt ist in Basel nicht so einfach – das Angebot ist sehr klein.

Und wenn der Kunde die Beziehung pflegt, kann er in neue Geschmackswelten vorstossen. Oder auch mal dorthin schauen gehen, wo diese kultiviert und kreiert werden – sie werden ihnen in der Folge noch einzigartiger schmecken.

Einkaufen auf dem Markt ist in Basel allerdings gar nicht so einfach. Das Angebot ist diesbezüglich sehr klein. Finanziell hingegen ist Einkaufen beim Produzenten übrigens keineswegs ein Luxus. Durch die wegfallenden Zwischenhändler kann die Direktvermarktung sogar günstiger sein.

Dazu kommt: Der Anteil der Lebensmittelkosten in einem durchschnittlichen Schweizer Haushalt ist heute relativ tief (etwa 7 Prozent des Durchschnittseinkommens). Gemäss einer Studie der US-Landwirtschaftsbehörde machen die Kosten für Lebensmittel im durchschnittlichen Schweizer Haushalt so wenig aus wie in keinem anderen Land in Europa – und der Kostenanteil sinkt laufend weiter.

Bei insgesamt sinkenden Kosten darf man sich schon mal einen Luxus leisten. Am besten jenen der Nähe zum Produkt, der nicht viel kosten muss. Und einfach mehr Geschmack hat.

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Barbara Buser ist Architektin und Stadtentwicklerin. Sie ist Initiantin der Umnutzung der Markthalle zur «Neuen Alten Markthalle», mit der wieder Markt und Gastronomie unter der Kuppel Einzug gehalten haben. An drei Samstagen findet in der Markthalle ein «Juramarkt» statt (3. Oktober, 7. November, 5. Dezember). Dort verkaufen Produzenten aus dem Jura Gemüse, Fleisch sowie verschiedene Spezialitäten.

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