«Etwas Grosses» sei Günter Grass noch einmal gelungen, sagte sein Verleger am Dienstag bei der Präsentation des letzten Buchs des Nobelpreisträgers. Am Freitag erscheint «Vonne Endlichkait».
Bei der Vorstellung am Dienstag in Göttingen hat Verleger Gerhard Steidl das Werk gewürdigt, das in ostpreussischer Mundart den Titel «Vonne Endlichkait» trägt. «Günter Grass hat uns mit dem Buch ein bewegendes Abschiedsgeschenk hinterlassen», sagte Steidl. «Ich glaube, dass ihm noch einmal etwas Grosses gelungen ist.»
Steidl kündigte an, dass von Grass in Zukunft zwar kein neues, vielleicht unter dem Bett verstecktes Manuskript zu erwarten sei. Dafür sei mit Tagebuch-Publikationen zu rechnen. Dabei werde es um Phasen gehen, in denen sich Grass in seinen Tagebüchern insbesondere zu politischen Fragen Gedanken gemacht habe.
Lektor Dieter Stolz hob wie Steidl hervor, dass Grass mit dem Buch ein literarisches Experiment gewagt habe, indem er kurze Prosa-Texte und darauf direkt bezogene Lyrik als sogenannte Doppelstücke verfasste und zudem noch mit passenden Bleistiftzeichnungen illustrierte. Auch wenn es sehr viele kleine einzelne Stücke seien, biete das Buch insgesamt einen klaren, spannenden Bogen.
Manchmal zum Brüllen komisch
Das 176 Seiten umfassende Werk, das mit einer Startauflage von 50’000 Exemplaren in den Buchhandel kommt, spiegele Grass‘ Leben und seine Arbeit als Schriftsteller und Zeichner im Ganzen, sagte Steidl.
«Und was ich an dem Buch so bemerkenswert finde: Es ist ein streckenweise zum Brüllen komisches Buch.». Manche hielten Grass für einen verbiesterten Menschen, der allen seine Meinung habe aufdrücken wollen. «Aber er hat einen subtilen Humor, und in diesen Texten ist er noch einmal zu Hochform aufgelaufen.»
Bei der Buchvorstellung war auch Grass‘ Witwe Ute anwesend. Eigentlich hatte Grass «Vonne Endlichkait» bei einer Lesung in Göttingen selbst vorstellen wollen. Doch am 13. April – das Buch war praktisch fertig – starb er.
Gemäss Verlag enthält es Liebesbriefe, Selbstgespräche, Eifersuchtsdramen, Schwanengesänge, Gesellschaftssatiren und Augenblicke des Glücks.
Probeliegen im Sarg
Bei einer bewegenden Matinee hatte Grass‘ Tochter Helene im Juni erstmals öffentlich Auszüge gelesen. Der Göttinger Germanist und Präsident der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, Heinrich Detering, lobte damals das trotz der ernsten Themen so leicht geschriebene Buch: «’Vonne Endlichkait‘ ist ein anrührendes, manchmal bezauberndes Kunstwerk geworden.»
Ebenso drastisch wie grotesk und mit viel Humor beschreibt Grass die eigenen Altersbeschwerden. Der Text «Worin und wo wir liegen werden» ist besonders deftig: Weil der zweite Herzschrittmacher seine Dienste verweigert und die Lunge nach jahrzehntelangem Rauchen kaputt ist, lässt sich Grass von seinem Tischler für sich und seine Frau Särge liefern, in denen sie dann Probeliegen: «Wie seltsam, jeweils den Atem des anderen zu hören.»
Seine Frau bedauert im Text, kein Foto von ihm in der Kiste gemacht zu haben. «Du sahst so zufrieden aus», lässt Grass sie sagen.