Verlegung eines Pflegefalls nach Indien kommt vor Bundesgericht

Die Seniorin aus dem Raum Winterthur, die ihren demenzkranken Lebenspartner aus Kostengründen in Indien entsorgt haben soll, will das Urteil des Zürcher Obergerichtes vom Dezember nicht akzeptieren. Sie zieht den Fall ans Bundesgericht weiter.

Das Bundesgericht muss über die Verlegung eines Pflegefalls nach Indien urteilen (Symbolbild) (Bild: sda)

Die Seniorin aus dem Raum Winterthur, die ihren demenzkranken Lebenspartner aus Kostengründen in Indien entsorgt haben soll, will das Urteil des Zürcher Obergerichtes vom Dezember nicht akzeptieren. Sie zieht den Fall ans Bundesgericht weiter.

Das Obergericht verurteilte die 65-Jährige am 18. Dezember 2012 wegen Entführung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren ohne Bewährung. Das deutlich verschärfte Urteil war eine Überraschung, weil das Obergericht sie wegen einem anderen Straftatbestand verurteilte als das Winterthurer Bezirksgericht.

Während die Winterthurer Richter die Verlegung des Pflegefalls nach Indien als Aussetzung einstuften und mit zwei Jahren bedingter Freiheitsstrafe ahndeten, stellte dies für die Oberrichter klar eine Entführung dar. Die Beschuldigte will dieses Urteil aber nicht akzeptieren und zieht deshalb vor Bundesgericht.

Ihr Anwalt bestätigte am Montag eine entsprechende Meldung des „Landboten“. Seine Mandantin habe sicher nicht den Vorsatz gehabt, ihren pflegebedürftigen Freund zu entführen, sagte er. Die Verschärfung des erstinstanzlichen Urteils sei erstaunlich.

Trostlose Schweizer Heime

Auch den Vorwurf der Aussetzung weist der Anwalt zurück. Aus beiden Urteilen spreche die irrige Annahme, dass das Beste, was einem Pflegebedürftigen passieren könne, ein trostloses Schweizer Heim sei. In Indien habe der Mann wenigstens spazieren gehen können.

Erwiesen ist, dass die Frau ihren dementen und pflegebedürftigen Freund 2008 im Pflegeheim Seuzach abmeldete, mit ihm nach Indien flog und ihn in der Ortschaft Bahadurgarh ablieferte. Die Pflegekosten waren dort um ein Vielfaches tiefer als in der Schweiz.

Gestorben nach neun Monaten

Die Beschuldigte stellte die Reise nach Indien hingegen als letztes Geschenk für ihren Freund dar. Das Leben in einem Dorf sei für einen Pflegebedürftigen viel schöner als in einem Schweizer Heim, wo die Insassen vor sich hindämmern würden, argumentierte sie.

Der ehemalige Landwirt starb im November 2008 im Alter von 74 Jahren – rund neun Monate nach seiner Ankunft in Indien. Ob sein Tod mit der mangelhaften Pflege und den hygienischen Verhältnissen zusammenhängt, ist unklar. Eine Todesursache wurde nicht ermittelt.

Seine Leiche wurde verbrannt und die Asche in einen Kanal geschüttet – so wie es seine Freundin vor ihrer Rückreise in die Schweiz den indischen Pflegern in Auftrag gegeben hatte.

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