Verletzter Höhlenforscher nach beispielloser Rettung an Oberfläche

Erschöpfung, Umarmungen, Freudentränen: Nach elf Tagen in Dunkelheit und Kälte ist der verletzte Höhlenforscher Johann Westhauser gerettet. Am Donnerstag um 11.44 Uhr sah der 52-Jährige am Ausgang von Deutschlands tiefster Höhle erstmals wieder Tageslicht.

Die Retter tragen den Verletzten zum Helikopter (Bild: sda)

Erschöpfung, Umarmungen, Freudentränen: Nach elf Tagen in Dunkelheit und Kälte ist der verletzte Höhlenforscher Johann Westhauser gerettet. Am Donnerstag um 11.44 Uhr sah der 52-Jährige am Ausgang von Deutschlands tiefster Höhle erstmals wieder Tageslicht.

Die Helfer, die ihn in den vergangenen sechs Tagen in einer beispiellosen Rettungsaktion aus 1000 Metern Tiefe holten, lagen sich erschöpft, aber überglücklich in den Armen.

Westhauser wurde sofort in eine Klinik geflogen. Er hat die tagelangen Strapazen nach Angaben der Bergwacht relativ gut überstanden. Er sei «wohlbehalten in der Klinik eingetroffen», sagte Norbert Heiland, der Vorsitzende der Bergwacht Bayern.

Der erfahrene Höhlenforscher Westhauser war am Pfingstsonntag in der Riesending-Schachthöhle in den Berchtesgadener Alpen bei einem Steinschlag von einem Brocken am Kopf getroffen worden. Dabei erlitt er ein Schädel-Hirn-Trauma.

Die letzte Etappe hatten die Retter zunächst mit enormer Geschwindigkeit bewältigt. Doch in der Nacht auf Donnerstag verzögerte sich der Transport noch einmal.

180 Meter senkrecht nach oben

Vor dem allerletzten Stück mussten die Helfer noch mal eine längere Pause einlegen. Eine der grössten Hürden bewältigten sie, als sie die etwa 100 Kilogramm schwere Trage mit dem Schwerverletzten über 180 Meter an Seilen frei schwebend senkrecht nach oben ziehen mussten.

Am Höhlenausgang wartete ein Team von Notfallmedizinern auf Westhauser. In welches Spital der Verletzte gebracht wurde, wurde zunächst nicht bekannt. Zwar liegt Salzburg am nächsten, doch könnte es auch eine Klinik in Süddeutschland sein – in Bayern oder Baden-Württemberg, wo Westhauser lebt.

In einer ersten Bilanz würdigte die Bergwacht die Leistung der vielen Retter aus Deutschland, Österreich, der Schweiz, Italien und Kroatien. Zunächst hätten grosse Zweifel bestanden, ob es gelingen könne, den Verletzten zu bergen, hiess es.

Von einer «Mammutaufgabe» sprach Einsatzleiter Klemens Reindl. «Wir konnten uns bis dahin einen Einsatz von solcher Dimension nicht vorstellen.»

Nach kürzester Zeit seien die besten Höhlenretter aus ganz Europa versammelt gewesen. 202 Retter seien allein in der Höhle im Einsatz gewesen. «Die haben dort Höchstleistungen gebracht», sagte Reindl. Insgesamt waren nach seinen Angaben 728 Rettungskräfte beteiligt.

Kapitel alpiner Rettungsgeschichte

Der Vorsitzende der Bergwacht, Norbert Heiland, betonte: «In den vergangenen zwölf Tagen ist hier am Untersberg ein Kapitel alpiner Rettungsgeschichte geschrieben worden.»

Nach dem langen Bangen zeigte sich auch der Arbeitgeber des Höhlenforschers froh über die Rettung des Verletzten. «Wir sind sehr erleichtert und glücklich», erklärte der Präsident des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT), Holger Hanselka. Westhauser arbeitet als Techniker am Institut für Angewandte Physik des KIT.

Aus Sorge vor einem gefährlichen Tourismus Neugieriger nach der Rettungsaktion will Bayerns Innenminister Joachim Herrmann den Eingang der Riesending-Höhle verschliessen lassen. «Technisch ist es einfach, und rechtlich halte ich es angesichts der extremen Gefahren, die damit verbunden sind, für geboten», sagte Herrmann.

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