Der Waldrapp-Jungvogel namens Shorty, der sich auf dem Weg in den warmen Süden in der Schweiz verirrt hat, hält sich offenbar im zürcherischen Knonaueramt auf. Dort soll er nun eingefangen werden, damit er den Winter überleben kann.
Martin Wehrle, Tierarzt des Natur- und Tierparks Goldau, bestätigte gegenüber der Nachrichtenagentur sda einen entsprechenden Bericht der „Neuen Luzerner Zeitung“ vom Donnerstag.
„Wir gehen davon aus, dass es sich beim gesichteten Waldrappen um Shorty handelt. Auch wenn wir keine hundertprozentige Sicherheit haben“, sagte Wehrle. Aber eigentlich komme gar kein anderer Vogel in Frage; alle anderen Waldrappe dieses Zugs befänden sich bereits in Italien.
Mehrmals gesichtet
Eine Leserin der „Neuen Luzerner Zeitung“ konnte den schüchternen Vogel auf einer Wiese sogar fotografieren. Ein Mitarbeiter des Tierparks Goldau, der im Knonaueramt wohnt, konnte den Waldrapp in derselben Gegend beobachten.
„Nun versuchen wir, den Vogel anzufüttern, um ihn danach hoffentlich fangen zu können“, sagte Wehrle. Geschehen soll dies entweder mit einer mobilen Fanganlage oder mit Beruhigungsmittel im Futter.
Shorty zu finden, ist wichtig, weil der Waldrapp eine sehr gefährdete Zugvogelart ist. Laut dem in Österreich ansässigen Waldrappteam, das den Zug der Waldrappe begleitet, gibt es weltweit weniger als 30 Exemplare. Jedes Individuum sei deshalb wichtig, schreibt das Waldrappteam.
Der Waldrapp ist ein Ibis und hat mit seinem roten, kahlen Kopf, seinem langen gebogenen Schnabel und seinen langen Nackenfedern ein markantes Aussehen.
Im Wallis verlor er den Anschluss
Shorty war auf dem Weg vom Brutgebiet im bayrischen Burghausen ins Wintergebiet in der Toskana, wo er aber nie ankam. Zwar folgte er einem Artgenossen bis nach Collombey-Muraz VD. Dort aber verlor er den Anschluss und blieb alleine in dieser Region zurück.
Vergebens versuchte man, den Vogel im Wallis einzufangen: Shorty war bereits wieder auf den Rückweg in den kalten Norden. Er wurde am 17. und 18. Dezember in Rossau bei Mettmenstetten ZH gesichtet. Der Vogel trägt zwar einen Positionsmelder am Rücken, der Akku aber ist in Zwischenzeit leer.
Im Knonaueramt findet der verwirrte Waldrapp offenbar noch ausreichend Futter. Er stochert im Boden, um Käfer, Insekten, Spinnen und Larven zu finden. Falle viel Schnee oder gefriere der Boden, werde die Futtersuche für Shorty jedoch schwierig, sagte Wehrle.
Gelingt es, den Vogel zu fangen, dann soll Shorty nach einem kurzen Aufenthalt im Tierpark Goldau nach Österreich zu Johannes Fritz, dem Leiter des Waldrappteams, gebracht werden und anschliessend zu seiner Gruppe in Italien.